Politik

[Politik] Geheime EU-Militäreinsätze als Entwicklungshilfe getarnt?

Telepolis resp. Birgit Gärtner berichtet im Artikel "Geheime EU-Militäreinsätze?" über Einsätze von EU-Militärs bei der Ausbildung von kambodschanischen Soldaten und Polizisten im Rahmen der Registrierung von Waffen bei Entwaffnungsaktionen. Bei ähnlichen Einsätzen soll zudem in der Ukraine die EU mit der NAMSA (NATO Maintenance and Supply Agency) einer NATO-Agentur, zusammen arbeiten. Als so genannte "joint actions" werden diese Einsätze dabei offiziell nicht als Armeeeinsätze gewertet und aus Entwicklungshilfefonds finanziert.

Tobias Pflüger (Mitglied der Linksfraktion im europäischen Parlament), der dies aufgedeckt hat, weist dabei darauf hin, dass durch die Deklarierung als Zivileinsätze und die Finanzierung aus der Entwicklungshilfe eine demokratische Kontrolle beinahe verunmöglicht wird.

Und was soll man nun davon halten? So begrüssenswert solche Entwaffnungsaktionen sind, so ist die Art und Weise der Deklarierung und Finanzierung doch bedenklich. Leider kann man wohl kaum davon ausgehen, dass es sich bei solchen Einsätzen lediglich um noble und grosszügige EU-Hilfeleistungen handelt, sondern um weitere Schritte auf dem Weg der EU zur militärischen Grossmacht, die sich resp. ihre Interessen weltweit zu "verteidigen" hat.

Der komplette Telepolis-Artikel gibt's unter:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21535/1.html

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In den Gehörgängen: Thriftshop - Dead or Alive Vs. Beats International - Dub be good to me like a record baby 2005
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[Politik] Roger Köppel hat nichts gegen ein bisschen Folter - ich schon

"Die Welt"-Chefredakteur Roger Köppel, der Schweizer Leserschaft spätestens seit den Weltwoche-Zeiten ein Begriff, setzt sich in "seiner" Zeitung für Folter ein. Ausnahmsweise gibt's nachfolgend in ausführlicher Art und Weise massenweise Auszüge aus dem Artikel, geschmückt mit meinen unqualifizierten Kommentaren:
Wie wird man Informationen von Terroristen erhalten, die sich bei einer Tasse Tee durch gutes Zureden nicht beirren lassen? Ist der Rückgriff auf Folterpraktiken in absoluter Weise zu verurteilen und zu bannen, selbst wenn es darum geht, daß sich eine Rechtsordnung gegen Feinde schützen muß, die sich außerhalb des Rechts bewegen?
Sind das noch Suggestivfragen oder sind wir schon im Bereich der rhetorischen Fragen?

Ausserhalb des Rechts bewegen sich, werter Herr Köppel, auch Mörder, Erpresser, Diebe, Kiffer, Raser, Bettler etc. Muss sich die Rechtsordnung auch gegen diese Feinde schützen ... mit "Rückgriff auf Folterpraktiken", sprich: Folter? Bzw. wo sollen wir (ja, nicht "die Rechtsordnung", sondern wir) denn die Grenzen ziehen? Und ausserdem: es handelt sich jeweils um Terrorismus-Verdächtige, solange keine gerichtliche Verurteilung vorliegt. Aber zurück zu Roger:
Man sollte sich keinen Heucheleien hingeben. Im Bedrohungsfall hat noch jeder Rechtsstaat seine Normen außer Kraft gesetzt, um das Recht zu schützen.
Recht ausser Kraft setzen, um Recht zu schützen also? Ganz genau. Selbstverständlich jedoch lediglich im "Bedrohungsfall". Dumm nur, dass wir ständig bedroht sind, was sag ich!: mitten im Krieg stecken. Gestern war's der Krieg gegen den Kommi, es folgte der Krieg gegen die Drogen. Heute: Krieg gegen den Terrorismus und morgen? Wer weiss, vielleicht Krieg gegen Pitbulls, notorische Falschparker und nervtötende Strassenmusikanten mit einem Repertoire unter fünf Liedern?
Die europäische, vor allem die deutsche Öffentlichkeit tendiert dazu, die Politik der Amerikaner zu verdammen. Es ist Konsens, daß es keine Rechtfertigung dafür gibt, mutmaßliche Bombenleger, Terrormoslems, verdächtige Personen in Gewahrsam zu nehmen und Verhörmethoden auszusetzen, die einem zivilisierten Staatsverständnis nicht entsprechen.
Es spricht ein Meister der Euphemismen: "in Gewahrsam zu nehmen"? = Freiheitsberaubung! "Verhörmethoden auszusetzen, die einem zivilisierten Staatsverständnis nicht entsprechen" = Folter!

Weiter geht es hier nicht um einen Widerspruch zu "einem zivilisiertem Staatsverständnis" sondern um konkrete Verletzungen der Bestimmungen der Strafgesetzbücher und des Folterverbots.

Wunderbar jedoch, dass "es Konsens ist", dass es für Freiheitsberaubung und Folter keine Rechtfertigung gibt. Aber haben wir denn wirklich einen Konsens? Nun, beinahe, denn einer schert schon wieder aus: Roger.
Man beruft sich auf Kant, um an den Grundsatz zu erinnern, daß "die Politik jederzeit dem Recht angepaßt werden" muß, aber nicht umgekehrt das Recht der Politik. Interessanterweise belegt ein Blick auf die deutsche Geschichte, daß eine Verabsolutierung der von Kant formulierten Schönwetterdoktrin fatale Folgen haben kann.
Vorrang des Rechts vor der Politik als "Schönwetterdoktrin"? Na dann gute Nacht, wenn Sturm aufzieht. Und wir ahnen schon, was uns Herr Köppel "mit Blick auf die deutsche Geschichte" verklickern will.
Der Untergang der Weimarer Republik war der Unfähigkeit dieses Staates geschuldet, seiner Feinde Herr zu werden. Man wirft den Alliierten bis heute vor, durch eine lendenlahme Appeasement-Politik den Aufstieg Hitlers befördert zu haben, anstatt ihn unter Verletzung völkerrechtlicher Prinzipien frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen.
Foltern für "nie mehr Auschwitz"? Ein toller Vergleich. Aber Roger ist ja nicht der Erste, der auf diese Weise lästige Rechtsvorschriften zu umschiffen versucht. Man mag sich noch an den völkerrechtswidrigen Jugoslawien-Krieg, Entschuldigung, an die "humanitäre Intervention in Jugoslawien" erinnern. Das man mit derlei Schwachsinn die Verbrechen der Nazis verharmlost, sein nur nebenbei bemerkt. Aber eigentlich hat's Roger ja gar nicht so gemeint, denn:
Natürlich läßt sich der Islamo-Nihilismus nicht mit den Begriffen des Weltbürgerkriegs zwischen Nationalsozialismus und Internationalsozialismus fassen.
Eben, wer würde denn ... aber halt mal! "Weltbürgerkrieg zwischen Nationalsozialismus und Internationalsozialismus"? Ich zähle mich eigentlich zu den einigermassen gebildeten Leuten, aber von diesem Krieg hab ich meiner Lebtage noch nie gehört. Sind das neue Begrifflichkeiten, prophetische Gaben oder doch bloss irgendwelche im Wald gefundenen Pilze, die da aus Herr Köppel sprechen? Aber ich schweife ab, und das soll nicht sein. Also zurück zu unserem Vergleich, der ja eigentlich keiner ist. Oder doch?
Aber der Vergleich belegt, daß sich der aufgeklärte Diskurs über dieses Thema in einem offensichtlichen Selbstwiderspruch befindet. Rechtsordnungen müssen aus Selbstschutz ihre zivilisatorischen Standards unterschreiten, wenn es der Notfall erfordert.
Ei, der arme Diskurs. Er befindet sich in einem Selbstwiderspruch. Vielleicht weil er zu "aufgeklärt" ist? Aber egal, denn was will uns Chefredaktor Köppel da verzapfen? Genau: Entführen und Foltern ja, aber natürlich nur "im Notfall".
Die Forderung nach einem totalen A-priori-Verzicht auf harte Verhörmethoden mag Ausdruck des reinen Gewissens sein. Sie taugt nicht als Maßstab für eine Realpolitik, die am Ende die eigene Bevölkerung vor Übergriffen schützen muß.
Beim Folterverbot (resp. beim "totalen A-priori-Verzicht auf harte Verhörmethoden" ... ha, "Verzicht!", das tönt so schön nach Grosszügigkeit) geht es nicht um das "reine Gewissen", sondern um eine rechtsstaatliche Errungenschaft, die Herr Köppel offensichtlich so erringenswert nicht findet.

Und ist es denn tatsächlich die Realpolitik oder nicht etwa doch eher der Rechtsstaat mit seinen Gehilfen Polizei und Justiz, der uns schützen muss?
Das Problem liegt nicht darin, daß sich bedroht fühlende Gesellschaften aus Selbstschutz mit extremen bis widerrechtlichen Methoden zur Wehr setzen.
Doch genau darin liegt das Problem. Auch wenn man sich "bedroht fühlt", sind widerrechtliche Methoden, sprich Folter, einfach nicht drin.
Das Problem liegt darin, wer die Verantwortung trägt für die Handlungen, die nicht rechtlich, nur politisch legitimiert werden können. Am Ende liegt diese Verantwortung beim Souverän, beim Staatsoberhaupt.
Dieses "Problem" ergibt sich erst gar nicht, wenn man sich an das völkerrechtliche Folterverbot und die eigenen Gesetze hält. Und also nur Handlungen vornimmt, die nicht nur politisch, sondern auch rechtlich legitimiert sind - wie sich's für einen Rechtsstaat gehört.

Und übrigens: Das Staatsoberhaupt als Souverän? Und ich dachte immer, das Volk sei der Staatssouverän. So kann man sich täuschen.
Es kann nicht sein, daß eine amerikanische Regierung subalterne Folterwächter aburteilen läßt, wenn gleichzeitig eine Außenministerin händeringend die Praktiken verteidigt, die in einer Grauzone rechtsstaatlicher Normen liegen.
"In einer Grauzone rechtsstaatlichen Normen"? Das wäre dann wohl das Dunkelgrau namens Schwarz.

Aber sonst kann ich der Aussage Köppels nur zupflichten. Was sind demnach die Konsequenzen? Strafanzeige gegen "Condi"? Aber nein, im Gegenteil! Die "subalternen Folterwächter" brauchen lediglich genaue Regeln und das Plazet des Präsidenten, so die geniale Lösung von R. Köppel. Die allerdings nicht er ausbebrütet hat:
Der amerikanische Anwalt Alan Dershowitz hat es so formuliert: Extreme Verhörmethoden, Folterpraktiken können in extremen Fällen bewilligt werden, aber nur auf Veranlassung des Präsidenten. Er trägt die Verantwortung, wenn die Dinge außer Kontrolle geraten.
Au ja, der Präsident entscheidet, wann gefoltert wird. Oder vielleicht der Papst, denn der ist sogar ganz unfehlbar und hat noch nie fälschlicherweise Massenvernichtungswaffen in anderen Staat vermutet oder Probleme mit Bretzeln gehabt. Und wenn bei den "extremen Verhörmethoden" die "Dinge ausser Kontrolle geraten", kann man ihn ja immer noch am Öhrchen zupfen. Oder ein bisschen foltern?

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In den Gehörgängen: Vandalism - Never Say Never
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[Politik] USA bezahlen im Irak Journalisten für Propaganda

Kleine Einleitung

In Gregs „A New European“-Blog habe ich mich kürzlich mit den Verfechtern des Irak-Kriegs aufs Diskussions-„Mätteli“ gewagt. Ich hatte in der Tagesschau Umfrageresultate aufgeschnappt, wonach 80 Prozent der irakischen Bevölkerung für einen Abzug der Amerikaner seien und satte 45 Prozent gar Angriffe gegen die Koalitionstruppen unterstützen sollen, und diese zur Diskussion gestellt. Die (wohl) ursprüngliche Quelle hatte ich nach kurzer Internetrecherche auch gefunden: ein „Telegraph“-Artikel, der sich auf die (nicht veröffentlichte) Studie des Britischen Verteidungsministeriums (MoD) bezieht.

Aber auch dann wurden die Umfrageresultate noch angezweifelt, mit dem Argument, man dürfe nicht alles glauben, was in den Zeitungen steht. Gänzlich falsch ist diese Aussage ja nicht. Immer kritisch und skeptisch bleiben und alles hinterfragen, ist auch mein Motto. Aber welchen Medien darf man überhaupt noch trauen? Die politisch links Orientierten werden eher „ihren“ Medien Glauben schenken, die „Rechten“ den eher rechts stehenden Medien. Also Patt-Situation?

US-Propaganda

Heute nun kann man in der – kaum als linksextrem zu bezeichnenden – BaZ lesen (Artikel leider nicht online), dass die USA für mehrere Millionen Dollar irakische Journalisten für positive Berichte bezahlt und verdeckte Propaganda in irakischen Zeitungen platziert haben. Dabei wird ein Beispiel angefügt:
In einem Fall sei ohne Quellenangabe wörtlich ein Bericht aus der in London erscheinenden Zeitung «Al-Hayat» über die irakische Ölindustrie übernommen worden. Geändert habe man nur das Zitat eines Sprechers des irakischen Ölministeriums. Dieser habe sich im Original kritisch über die Wiederaufbaubemühungen der USA geäussert. In der neuen Fassung sei dies durch eine «positivere Botschaft» ersetzt worden, die dem gleichen Sprecher zugeschrieben worden sei.
Grund dafür ist laut „New York Times“, auf die sich die BaZ bezieht, die Einschätzung von US-Militärs im Irak, den USA gelinge es nicht, die muslimische Öffentlichkeit auf ihre Seite zu ziehen.

Das würde natürlich eher für die Richtigkeit der Umfrageresultate sprechen, zumindest jedoch für eine überwiegende Ablehnung der Besatzungsmacht. Weiter stelle ich mir folgende Fragen:
  • Ist das die Art und Weise, mit der die USA den Irakern die Demokratie beibringen wollen? (nun gut, eine rhetorische Frage)
  • Wie viele Millionen müssen die USA wohl reinbuttern, bis die irakische Bevölkerung überzeugt ist? Bzw. ist das überhaupt auf diese Weise möglich?
  • Kann man nach diesen Ausführungen immer noch wie Herr Rumsfeld auf dem Ausdruck „Terroristen“ bestehen?
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In den Gehörgängen: DRS 3
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[Politik] Die Überflüssige küren "teuerste, dreisteste und dümmste Propaganda des Jahres"

Die "Überflüssigen" machen regelmässig mit spektakulären Aktionen auf ihre Anliegen aufmerksam, so auch heute (aus dem Bericht im "Überflüssigen"-Blog):
Plötzlich waren sie da. Die „Überflüssigen“ platzten am Dienstag, den 29.11.2005 in die Inszenierung des Unternehmerverbandes Gesamtmetall zur Wahl des „Reformer des Jahres“. Dort verliehen sie den Preis für die „teuerste, dreisteste und dümmste Propaganda des Jahres“. Als Gewinner wurde Gesamtmetall für die Erfindung der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM) prämiert. Das gelungene Intermezzo wurde bei Phoenix live deutschlandweit ausgestrahlt und weltweit übers Internet gestreamt. Mehr bei indymedia.
Und ein Auszug aus der zu diesem Anlass gehaltenen "laudatio" (komplette laudatio bei Indymedia in den Kommentaren nachlesbar):
Was sagt man nun den Menschen, die noch nicht total verblödet sind, wenn sie feststellen, dass die Rezepte der Unternehmer bisher nur zu mehr Gewinnen für die Unternehmen geführt haben. Dass die Verteilung gesellschaftlichen Reichtums sich in den letzen Jahren dramatisch zu Gunsten der Reichen entwickelt hat.
Was sagt man nun den Menschen, die noch nicht total verblödet sind, die also feststellen, dass mit dieser Politik die Zahl der Aussortierten, der Überflüssigen, der Geldlosen, der in ihrer Existenz Bedrohten immer größer wird?

Weiter so, aber schneller! Die Geschwindigkeit des neoliberalen Umbaus muss noch erhöht werden!
Mehr zur "Initiative Neue Soziale [hahaha!; Anm. gebsn] Marktwirtschaft", ihrer nicht sonderlich transparenter Lobbyarbeit und ihrem Slogan "Sozial ist, was Arbeit schafft" auch in diesem "Monitor"-Beitrag.

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In den Gehörgängen: Terry Jacks - Seasons In The Sun
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[Politik] Ausweitung der Ladenöffnung am Sonntag auf dem Klageweg angedroht

Da haben wir noch nicht mal über die Änderung des Arbeitsgesetzes abgestimmt, und bereits denkt der Detaillisten-Verband für den Fall der Annahme der Vorlage laut und öffentlich in der BaZ von heute über Musterprozesse gegen die Ungleichbehandlung bzw. Diskriminierung der Detaillisten nach, die nicht von der Vorlage profitieren:
«Sonntagsarbeit nur für Dienstleistungen und Verkauf in Bahnhöfen, und auch da nur in ausgewählten Zentren - das wäre für unser Land ein einmaliger Fall rechtlicher Willkür», sagt der Zuger Jurist Peter Kündig, Präsident des Schweizer Detaillisten-Verbandes, gegenüber der baz. Kündig ist überzeugt: «Sagt das Volk am Sonntag Ja, geht es nicht lange, bis ein diskriminierter Detailhändler oder ein diskriminiertes Bahnhofzentrum die Ungleichbehandlung vor dem Gesetz bis vor Bundesgericht anfechten wird.»
Es wird also schon jetzt "angedroht", was die Gegner der Änderung prophezeit haben: die Ausweitung der Regelung im geänderten Arbeitgesetz auf dem Klageweg. Da bin ich nachgerade froh, dass ich ein (zögerliches) "Nein" per Briefwahl eingereicht habe.

Die BaZ macht sich weniger Sorgen, ihrer Meinung nach sind
"Die rechtlichen Grundlagen für eine solche Klage auf Gleichbehandlung [...] indes schmal: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich", sagt die Bundesverfassung: "Niemand darf diskriminiert werden." Doch das Diskriminierungsverbot bezieht sich auf Unterschiede der Herkunft und des Geschlechts natürlicher Personen. Eine Gleichheit zwischen Geschäften unterschiedlichen Standorts in oder um Bahnhöfe gibt es vor dem Gesetz nicht."
Das ist natürlich nur bedingt richtig. Das Gleichbehandlungsgebot (in Art. 8 Abs. 1 der Bundesverfassung), welches sozusagen die Grundregel zum speziellen Diskriminierungsverbot ist, bezieht sich auch auf juristische Personen. Insofern müssen auch Geschäfte vor dem Gesetz gleich behandelt werden. Allerdings nach dem schönen Spruch, den die ganze Juristeninnung jetzt mit mir im Chor aufsagen darf ... 1, 2, 3: "Gleiches ist nach Massgabe seiner Gleichheit gleich, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln". Das heisst: Natürlich wird ein Geschäft, welches 500 Meter vom Bahnhof entfernt ist, nicht gleich wie ein Geschäft im Bahnhofsgebäude selbst behandelt. Aber wie es sieht bei 50 oder 100 Metern aus? Und welches sind denn nun wirklich "auf Grund des Reiseverkehrs Zentren des öffentlichen Verkehrs"? Das werden wohl wirklich die Gerichte entscheiden müssen.

Zu dem von den Gegnern der Vorlage vorgebrachten Argument, dass die Änderung des Arbeitsgesetzes nur ein erster Schritt in die Richtung der generellen Aufhebung des Sonntagsarbeitsverbots ist, führt die BaZ weiter aus:
Dennoch haben die eidgenössischen Räte die Flucht nach vorn schon ergriffen: "Der Bundesrat wird beauftragt, eine gesetzliche Grundlage vorzulegen", welche "die Beschäftigung von Arbeitnehmenden am Sonntag ermöglicht", hat der Ständerat vor einem Jahr beschlossen.
Auch der Bundesrat wünscht diese Ausdehnung. Nächsten Mittwoch will auch der Nationalrat die Motion für Sonntagsarbeit ohne Beschränkung auf Bahnhofzentren diskutieren.
Ich muss sagen, ich fühle mich in meinem Stimmentscheid bestätigt.

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In den Gehörgängen: Cheekyboy - The Prodigy Vs. Prince - Smack my bitch up when doves cry
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[Politik] 25. November: Buy Nothing Day / Kauf-Nix-Tag

Diesen Freitag, den 25. November im Jahre des Herrn 2005 findet der alljährliche internationale "Buy Nothing Day" statt. Was soll der Buy Nothing Day alias Kauf-Nix-Tag? Das erklärt der deutsche Wikipedia-Eintrag recht gut:
Der Kauf-Nix-Tag (Internationaler Buy-Nothing-Day) wird einen Tag nach dem US-amerikanischen Erntedankfest (Thanksgiving), am letzten Freitag im November gefeiert. Durch einen 24-stündigen Konsum-Verzicht soll gegen ausbeuterische Produktions- und Handelsstrategien internationaler Konzerne und Finanzgruppen protestiert werden. Außerdem soll der Otto Normalverbraucher zum Nachdenken über sein eigenes Konsumverhalten und die weltweiten Auswirkungen angeregt werden. Ein bewusstes, auf Nachhaltigkeit abzielendes Kaufverhalten jedes Einzelnen soll somit gefördert werden.
Ob man sich an diesem symbolischen Konsumverzicht anschliessen will, muss jeder für sich selbst wissen. Ich jedenfalls werde mich daran beteiligen ... obwohl mein Verzicht nicht gross ins Gewicht fallen wird. Aber es ist ja schliesslich die Idee und die Symbolik, die zählt.

Buy Nothing Day 2005 PosterBarcode: Escape Capitalism

Deutsche Website: http://www.buynothingday.de/
Internationale Site (von Adbusters): http://adbusters.org/metas/eco/bnd/
Linke Kritik: http://mpunkt.blogsport.de/2005/11/22/verzichte-dich-moralisch/

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In den Gehörgängen: Stereo Total - Ex-Fan de Sixties
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[Politik] SF DRS: Service poubelle?

Rainer Stadler kritisiert im NZZ-Artikel (ja, ja, ich lesen nicht nur WOZ und junge welt) "Service public? Service poubelle!" die Ausstrahlung von ...
""Music Star", "Black'n'Blond" "Deal oder No Deal" und "Traumjob", alles Formate, die dem ausländischen (Privat-)Fernsehen abgeschaut und mit etwas Lokalkolorit versehen wurden."
Er sieht mit der Aufnahme von solchen Sendungen ins Programm unseres öffentlichen Fernsehens zusehends eine Verkehrung des Service public in einen Service poubelle. Weiter ist er der Ansicht, dass ...
"frechere Programme auch im Service public gefragt [sind]; SF DRS muss sich nicht auf grüblerische Besinnung verpflichten. Die witzige Sommerserie mit dem Autor Benjamin von Stuckrad-Barre bewies, dass auch SF DRS Wege zu finden vermag, um geistreicher durch seichte Gewässer zu steuern."
Ich kann mich dieser Meinung nur anschliessen. Wenn SF DRS schon dicke mit unseren Gebührengeldern finanziert wird, dann soll sich das Programm auch deutlich von demjenigen der privaten Konkurrenz (in Deutschland) unterscheiden. Die billige und schlechte Kopie von Formaten der deutschen Privatsender können wir uns meiner Meinung nach sparen (mal schauen wie unsere "Genial daneben"-Kopie mit Frank Baumann rauskommen wird).

Wünschenswert wären in Sachen Eigenproduktion mehr innovative und freche Unterhaltungssendungen wie "Ventil" und "Stuckrad bei den Schweizern". Da reichen die richtigen Leute, viel Fantasie und ein kleines Budget.

Unterstützenswert ist natürlich auch der Einkauf entsprechender Formate im Ausland. "Little Britain" war spitze, ebenso gerne erinnere ich mich an die astreine Serie "Wonderland". Schade nur, dass z. B. eine exzellente Jugenddokuserie wie "Sex 'n' Pop" auf einem Sendeplatz am Sonntag kurz vor Mitternacht verkümmern musste.

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In den Gehörgängen: Taylor Dayne - Tell It To My Heart (2005 groovin' House White Label Remix)
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[Politik] Foul! Millionen aus den Staatskassen für die Euro 2008

Da müsste doch durch die Reihen der liberalen Blogger und Blogerinnen ein Aufschrei gehen! Bund, Städte und Kantone wollen einem Grossverdiener mit Subventionsmillionen unter die Arme greifen. Um nichts Anderes geht es doch bei den Beiträgen der öffentlichen Hand für die Euro 2008.

Damit hier eines herrscht, nämlich Klarheit: Ich bin ein grosser Fussballfan, gehe regelmässig an Fussballspiele und freue mich schon wie ein kleines Kind auf die WM 2006 in Deutschland und die Euro 2008 hierzulande und in Österreich. Aber ich finde es nicht sehr sinnvoll, in Zeiten, in denen überall der Sparzwang herrscht, der UEFA noch Millionen von Steuergeldern nachzuwerfen. Das gute Geld sollte doch besser für den Breitensport, die Bildung oder notfalls auch für mich verwendet werden.

Ganz im meinen Sinne ist deshalb das Communiqué des Grünen Bündnisses Basel (pdf-Datei, 59 kB, ausnahmsweise in voller Länge):
Medienmitteilung der Fraktion Grünes Bündnis

So nicht!
Euro 08 für Basel ein Fass ohne Boden?

Üblicherweise muss jeder kommerzielle Veranstalter selber für die Kosten, die er verursacht, aufkommen. Beim drittgrössten Sportanlass der Welt gelten diese Regeln nicht. Von 20 Millionen Franken ist die Rede, die allein der Kanton Basel-Stadt aufbringen muss, während Baselland 5 Millionen beisteuert. Und wenn wir die derzeit vorliegenden Informationen richtig interpretieren, reicht diese Summe bei weitem nicht. Der zusätzliche Aufwand für Unterhalt und Schutz der Grünanlagen und für die Beseitigung der vermutlich massiv erhöhten Abfallmengen ist nicht eingerechnet. Ebenfalls nicht berücksichtigt sind die bereits getätigten Investitionen von Fr. 10 Millionen aus dem Sporttotofond für die Aufstockung des St. Jakobsparks. Es ist daher zu erwarten, dass die sehr optimistisch geschätzte Wertschöpfung für die ganze Region von Fr. 30 - 35 Millionen durch den Aufwand vollständig aufgefressen wird. Die Wertschöpfung für den Kanton Basel-Stadt wird wegen der gleichzeitig stattfindenden "Art" ohnehin gering sein, da bekanntlich während der "Art" sämtliche Hotels in der Region ausgebucht sind.

Die Euro 08 ist ein exemplarisches Beispiel dafür, wie die Uefa Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe absahnt, während die Kosten auf die öffentliche Hand überwälzt werden.

Basel muss damit rechnen, dass wegen der drastischen Sicherheitsmassnahmen während Tagen die Bewegungsfreiheit in einzelnen Quartieren erheblich eingeschränkt sein wird. Es wird Rayons und Rayonverbote für die verschiedenen Fangruppen geben. Diese Massnahmen werden auch für die Bewohnerinnen und Bewohner unangenehme Auswirkungen haben. Ob z. B. das Gartenbad St. Jakob während der Euro 08 noch öffentlich zugänglich sein wird, ist fraglich.

Unklar ist auch, inwieweit die Polizeiorgane im Hinblick auf die Euro 08 aufgerüstet werden, z.B. mit Wasserwerfern, die dann auch gegen Demonstrantinnen und Demonstranten eingesetzt werden können.

Das Grüne Bündnis hat bereits in der letzten Legislatur mit einem Vorstoss von Brigitta Gerber zum Thema "Sicherheit durch Fanbetreuung" auf die Problematik hingewiesen, sich aber gleichzeitig zur Euro 08 bekannt. Aber auch für die grössten Fussballfans in unserer Fraktion ist klar: so nicht!
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In den Gehörgängen: DRS3
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Aktuelles Lieblingswort: Dusel

[Politik] SVP ZH gegen Schnüffelstaat

Über den WOZ-Artikel "SVP gegen Schnüffelstaat" (einmal mehr - verdammi nomol! - nicht online) bin ich darauf gestossen, dass die SVP des Kantons Zürich sich in ihrer Vernehmlassungsantwort (PDF-Datei, 251 kB) zum neuen zürcherischen Polizeigesetz entschieden gegen den Wegweisungsartikel im Speziellen aber auch gegen die Einschränkung der Bürgerrechte im Allgemeinen stellt. So ist in der Vernehmlassungsantwort zu den "Positionen und Forderungen der SVP" Folgendes zu lesen:
"Es ist weder Aufgabe noch Sinn des Strafrechts im Allgemeinen und des Polizeigesetzes im Besonderen, die Arbeit der Polizei zu erleichtern, indem die Hürden für die Bestrafung von Delinquenten gesenkt werden. Ziel des Strafrechts ist es, bestimmte Handlungen unter Strafe zu stellen sowie durch die Androhung von Strafe eine präventive Wirkung zu erzielen, d.h. Straftaten zu verhindern. Von einer Prävention, wie sie dem Regierungsrat vorschwebt, ist Abstand zu nehmen, da sie zwangsläufig zu substantiellen Beschneidungen der persönlichen Rechte der Bürgerinnen und Bürger führt."
Und zum Wegweisungsartikel (§ 21):
"Ablehnen, die geltenden gesetzlichen Bestimmungen sind ausreichend. Diese sind anzuwenden und umzusetzen, bevor der Polizei ein dermassen grosser Ermessensspielraum zugestanden wird. ... Steht im Widerspruch zur verfassungsmässigen Niederlassungs- und Versammlungsfreiheit."
Sehr lobenswert. Aber die SVP wäre natürlich nicht die SVP, wenn nicht auch Sätze wie die folgenden in der Vernehmlasssung zu finden wären:
"Der „Psychiatrierung“ der Strafverfolgung und des -vollzugs sowie der Tendenz, Täter in erster Linie als Opfer der Gesellschaft zu betrachten, ist entschlossen entgegenzutreten. Ferner braucht es Richter, die richten wollen und können. „Ein Richter, der nicht strafen kann, gesellt sich endlich zum Verbrecher.“ (Goethe, Faust II)"
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In den Gehörgängen: Afu-Ra feat. Masta Killa - Living Like That
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[Politik] Mythos Staatsschulden - Wie schlecht geht's Deutschland wirklich?

Hier ein paar Auszüge aus dem ausgezeichneten junge welt"-Artikel "Mythos Staatsschulden", in welchem - als Gegenpol zu den "quasi im Stundentakt" verlautbarten Meldungen zur katastrophalen wirtschaftlichen Situation Deutschlands - ein paar Fakten auf den Tisch geknallt werden, die man in den so genannten Mainstream-Medien selten bis gar nicht zu lesen bekommt:
... Dabei würde so manch Firmenchef angesichts der Bilanz der Deutschland AG und ihrer ökonomischen Perspektiven in lauten Jubel ausbrechen. Deutschland ist weltweit einer der größten Gläubigerstaaten, allein im laufenden Jahr werden die Forderungen gegenüber ausländischen Schuldnern um 120 Milliarden Euro wachsen, wobei es sich bei diesen größtenteils nicht um ausgeblutete Entwicklungsländer, sondern solvente Volkswirtschaften wie Rußland handelt. ...
... Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte beträgt 1300 Milliarden Euro. Das entspricht knapp zwei Dritteln des jährlichen Bruttoinlandsproduktes und etwa 250 Prozent der jährlichen staatlichen Einnahmen. Bei fast jedem Häuslebauer sieht die Relation wesentlich schlechter aus, und dennoch käme niemand auf die Idee, ihn als überschuldet zu bezeichnen. ...
... Künftige Generationen sollten also nicht vor imaginären Schuldenbergen zittern, sondern den Schampus kaltstellen, da sie zwar ein paar – volkswirtschaftlich marginale – Schulden erben werden, aber auch wesentlich höhere Werte und Forderungen. ...
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In den Gehörgängen: Justin "Trousersnake" Timberlake - Like I Love You
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