Politik

[Politik] Den Grad der Überfremdung berücksichtigen?

Als ich heute während der Arbeit das ANAG, wie wir Juristen das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer cool und kompetent abkürzen, durchstöberte, da mochte ich meinen Augen nicht trauen. Was heisst es da in Art. 16? Das:
"Die Bewilligungsbehörden haben bei ihren Entscheidungen die geistigen und wirtschaftlichen Interessen sowie den Grad der Überfremdung des Landes zu berücksichtigen."
"Den Grad der Überfremdung der Landes zu berücksichtigen"? Wer in Gottes Namen hat denn diese Formulierung zu verantworten? Etwa gar le GröFaZ himself?

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In den Gehörgängen: DRS3
Zuletzt gelesen: BaZ
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Aktuelles Lieblingswort: Desiderat

[Politik] Warum bringen Menschen sich und andere für religiöse Ideale um?

Warum bringen Menschen sich und andere für religiöse Ideale um? Kann man den fundamentalistischen Terror verstehen? Diesen Fragen geht Gerhard Vinnai, emeritierter Professor für analytische Sozialpsychologie an der Universität Bremen, in einem sozialpsychologischen Erklärungsversuch in der WOZ nach. Sehr lesenswert, wenn auch nicht immer leicht verdauliche Lektüre.

Als Konsequenz seiner Ausführungen fordert Vinnai im Artikel mehr Gerechtigkeit und Mitgestaltungsmöglichkeiten in unserer Gesellschaft. Er ist der Ansicht, dass wir uns heute in einem Zeitalter eines «real existierenden Opportunismus» befinden und führt dazu aus:
"Die meisten Menschen vor allem in unseren Breiten kommen sich sehr aufgeklärt und nüchtern vor, wenn sie die Welt so akzeptieren, wie sie ist, und nichts an ihr ändern wollen. Veränderungen sollen allenfalls die Rationalisierung des Bestehenden bewirken. Diejenigen, die etwas ändern wollen, gelten als Verrückte, und leider verhalten sie sich, nicht zuletzt unter dem Druck einer sie ausgrenzenden Umwelt, nicht selten auch so. Wo die Suche nach vernünftigen, aufgeklärten Alternativen zum Bestehenden blockiert ist, kann es zur Flucht in religiöse Ersatzwelten kommen, mit deren Hilfe der Realität auf fatale Art der Krieg erklärt wird. Wo intellektuell begründete Perspektiven für eine andere Zukunft fehlen, die für Menschen attraktiv erscheinen, nimmt der Wunsch nach Veränderung, der Menschen nicht auszutreiben ist, unvermeidbar wahnhafte und zerstörerische Züge an."
Den Rest des Artikel gibt's unter http://www.woz.ch/artikel/rss/12320.html.

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In den Gehörgängen: Fettes Brot - Schwule Mädchen
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Aktuelles Lieblingswort: Koloss

[Politik] Nur ein leidender Arbeitsloser ist ein guter Arbeitsloser

"Einen glücklichen Arbeitslosen lassen wir uns ja noch gefallen, jedenfalls wenn er zeigt, wie fleissig und tüchtig er dabei ist. Aber fröhliche Arbeitslose als Massenphänomen wären entschieden arbeitskraftzersetzend. Nur ein leidender Arbeitsloser ist ein guter Arbeitsloser! Deswegen geschieht es keineswegs ohne Bedacht, dass die Gesellschaft den Arbeitlosen das Leben schwer macht und unbedingt verhindern muss, dass sie beim Angeln, auf Parkwiesen oder Kunsthäusern ihr unstrukturiertes Unwesen treiben. Der Krieg, der gegen die Arbeitslosen und nicht gegen die Arbeitslosigkeit geführt wird, ist kein politisches Missverständnis, sondern Ausdruck der Angstlust in der Gesellschaft selbst. Wofür arbeite ich denn, wenn ein Arbeitsloser glücklich sein darf?"

Georg Seeßlen im Artikel "Die Arbeit, ein Märchen. Einige Bemerkungen, angeregt durch die Lektüre meistenteils dummer Bücher über das Leben ohne Arbeit" in der Zeitschrift "konkret".

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In den Gehörgängen: The Avalanches - Frontier Psychiatrist (Sample von juno.co.uk)
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[Politik] Verstaatlichung von Betrieben in Venezuela

Erstaunlich wenig Medienecho ausgelöst hat - zumindest in der deutschsprachigen Presse (*) - die Enteignung und Verstaatlichung von Betrieben in Venezuela. Ich bin erst über den ausführlichen Artikel "Öffentliches Interesse vor Profit" in "junge welt" auf das Thema aufmerksam geworden. Hier eine kurze, nach subjektiven Gesichtspunkten zusammengestellte Zusammenfassung des Artikels mit abschliessendem Kommentar:

Seit Juli dieses Jahres werden ganz oder teilweise geschlossene Unternehmen in Venezuela enteignet (resp. auf ihre Eignung zur Enteignung überprüft). Die Enteignung geschlossener Betriebe (mit Entschädigung nach Marktwert) ist Teil des strategischen Plans zur Belebung der nationalen Produktion und stellt laut Präsident Chavez den Mittelpunkt einer "wirtschaftlichen Wende in Richtung Sozialismus des 21. Jahrhunderts" dar. Die Wirtschaft Venezuelas war in den vergangenen Jahrzehnten einseitig auf den Erdölexport ausgerichtet, die meisten Verbrauchsgüter sowie 70 Prozent der Lebensmittel mussten unterdessen importiert werden.

1149 Unternehmen stehen auf der Liste der Unternehmen, die sich in Enteignung befinden oder enteignet werden sollen. Allerdings sollen erst zwei Enteignungen erfolgreich abgeschlossen worden sein.

Die enteigneten Betriebe werden in der Regel in kollektive Besitzformen überschrieben und erhalten staatliche Unterstützung finanzieller und technischer Art. Dabei wird teilweise die "cogestion", die Arbeitermitverwaltung, eingeführt. Wahrscheinlich ein Grund warum der Gewerkschaftsdachverband "Union Nacional de Trabajadores" (UNT) die Enteignungen unterstützt. Die cogestión beruht auf den sozialen Bürgerrechten und der sozialen Gleichheit als Ziel der Gesellschaftsordnung (mit dem Staat als Garanten), wie sie in der neuen Verfassung festgelegt wurden. Sie ist Teil der "partizipativen und protagonistischen Demokratie", d.h. der Staat wird als partizipativer Raum verstanden, in dem die Bevölkerung mittels diverser Instrumente das öffentliche Leben mitgestaltet und die Institutionen kontrolliert. Die UNT geht aber noch einen Schritt weiter als die Regierung und fordert die Arbeitermitverwaltung nicht nur für enteignete private Betriebe sondern auch für die staatlichen Betriebe.

Der Versuch einer Steigerung der nationalen Produktion beschränkt sich nicht auf die oben beschriebenen Enteignungen. Kooperativen erhalten Kredite zu sehr niedrigen Zinssätzen, unproduktiven Unternehmen wird staatliche Unterstützung angeboten. Da die Computer ausländischer Hersteller für den Grossteil der Bevölkerung zu teuer sind, will Venezuela gemäss Meldung von futurezone.at sogar mit einem staatseigenen PC-Unternehmen einen eigenen Billigcomputer produzieren.

Für die cogestion" fehlt bis jetzt eine gesetzliche Grundlage. Aber auch die Enteignungen scheinen nicht gerade auf soliden gesetzlichen Füssen zu stehen und z.T. unter dubiosen Umständen zustande zu kommen. So unterstützenswert die Arbeitermitverwaltung, die partizipative Demokratie und die Verstaatlichung stillgelegter Betriebe aus meiner Sicht sind, so müssten derartige einschränkende Massnahmen doch klar mit gesetzlichen Grundlagen demokratisch abgestützt sein.

(*) Hier ein paar Artikel auf die ich gestossen bin:
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In den Gehörgängen: RJD2 - Rain
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[Politik] Dank 2. Weltkrieg vom Faschismus befreit?

Wenn meiner einer als eingefleischter Pazifist in der wirklichen oder der virtuellen Welt mit Befürwortern der Notwendigkeit von Kriegen diskutiert, dann fällt irgendwann bestimmt das Argument, dass wir nur dank des zweiten Weltkriegs vom Faschismus befreit worden sind. Mit diesem Argument konnte ich mich noch nie anfreunden, aber es in vernünftigen Worten zu widerlegen, das wollte mir bisher nie zufriedenstellend gelingen.

Was macht man in einem solchen Fall? Richtig, man sucht im Internet, ob irgendjemand diese Arbeit bereits geleistet hat. Und siehe da, ich wurde fündig. Und zwar auf der Seite der AG Friedensforschung der Uni Kassel. In einem ausgezeichneten Beitrag widerlegen Andreas Buro und Arno Klönne die Ansicht, dass der Faschismus nur militärisch besiegt werden konnte. Hier die abschliessende Zusammenfassung aus dem Beitrag (voller Text unter http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Pazifismus/buro.html):

  • Der Zweite Weltkrieg wurde zur Wahrung vermeintlicher nationaler und zur Durchsetzung imperialer Interessen geführt. Im militärischen Kampf wurden die faschistischen Staaten besiegt. Eine pazifistische Politik zur Verhinderung oder Eindämmung des Faschismus wurde nicht entwickelt und praktiziert. Der geschichtliche “Fall” lässt deshalb keine Schlussfolgerungen über die Chancen pazifistischer Konzepte präventiver Konfliktbearbeitung und der Vermeidung gewaltsamer Konflikte zu.
  • Die Kriegsteilnahme der Alliierten war weder in der Absicht zur Rettung der vom deutschen Faschismus in ihrer Existenz bedrohten Juden und anderer Bevölkerungsgruppen, noch in dem Willen zur Befreiung der Völker von ihren faschistischen Regimes begründet. Es ging teils um militärische Verteidigung, teils um die Niederwerfung des konkurrierenden Machtblocks im Kampf imperialistischer Mächte. Hier kämpfte also nicht das “Gute” gegen das “Böse”.
  • Die Niederlage der faschistischen Achsenmächte bewirkte keineswegs eine pazifistische Umorientierung der Gesellschaften. Da der Krieg bestehende Gegensätze nicht gelöst hatte, kam es im West-Ost-Konflikt zu neuen gewaltträchtigen Zuordnungen Deutschlands (und Italiens) zu NATO und Warschauer Pakt. Diese Blöcke bedrohten sich gegenseitig mit atomarem Overkill und führten Stellvertreterkriege. Auch das Wettrüsten im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg gibt keine Aufschlüsse über Chancen einer pazifistischen Alternative, da diese von keiner Seite versucht wurde. Es führte aber zu extremen Bedrohungssituationen und zur weltweiten Vergeudung von Ressourcen.
  • Um noch einmal zur Ausgangsfrage zurück zu kommen: Stellt die Auseinandersetzung zwischen den Alliierten und der faschistischen Koalition im Zweiten Weltkrieg historisches Beweismaterial dar für eine Notwendigkeit heute, weltweit militärische Interventionen vorzunehmen und pazifistische Politik abzulehnen? Die Motive, Abläufe und Folgen des Zweiten Weltkrieges bieten in ihrer historischen Realität keine Begründung für die gedankliche, zeitlose oder aktuelle Konstruktion eines “Gerechten Krieges”. Sie lassen sich auch nicht als Wertmaßstäbe heran ziehen für die weltpolitische Situation, in der heute über “präventive” Militärpolitik zu urteilen ist. Im Zweiten Weltkrieg hatten die Alliierten den militärischen Angriff der faschistischen Achsenmächte abzuwehren. Diese Aggression ging aus dem verhängnisvollen Grundmuster von Weltpolitik hervor, von dem auch die Westmächte und die UdSSR geprägt waren: Krieg als Mittel globaler Umverteilung von Macht. Der Zweite Weltkrieg stand in der historischen Kontinuität brutaler militärischer Interessendurchsetzung. Dass pazifistische Politik nicht einmal versucht wurde, war Teil des internationalen Kontextes, aus dem der Faschismus heran wuchs.
  • Pazifismus ist kein kurzfristig wirkendes Wundermittel, um aufeinander zu rasende Militärzüge noch vor dem Zusammenprall zu stoppen. Pazifistische Politik ist langfristig angelegt und anzulegen. Sie zielt graduelle Erfolge an, nutzt aktuell bestehende Spielräume. Aber sie hat nicht weniger im Sinn als einen Bruch mit jenem kriegerischen Grundmuster von Politik, das immer noch als Normalität gilt. Pazifisten meinen: Eines Tages werden Menschen nicht mehr verstehen, wieso ihre Vorfahren so töricht waren, sich in Kriegen gegenseitig umzubringen und global die Lebensgrundlagen zu zerstören.


(Volltext unter http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Pazifismus/buro.html)

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In den Gehörgängen: White Stripes - My Doorbell
Zuletzt gelesen: WOZ
Zuletzt geglotzt: Nano
Aktuelles Lieblingswort: Rauschebart

[Politik] Die etwas andere Meinung zu 5 Mio. Arbeitslosen in Deutschland

Ab und an nehme ich mir gerne wieder Hermann L. Gremlizas "konkret" zur Brust. Dabei kann ich öfters Meinungen nicht oder nur teilweise teilen, aber Denkanstösse bietet das Heft immer wieder. Und aus der Kolumne von Gremliza himself in der aktuellen Oktober-Nummer (leider nicht online zugänglich) sei deshalb die etwas andere Meinung zu fünf Millionen Arbeitslose in Deutschland zitiert:

"... Und die fünf Millionen Arbeitslosen, das grosse Versagen der Regierung Schröder? Niemand, auch der Kanzler nicht, durfte sagen, dass diese Zahl alles andere war als Ausdruck eines Versagens, nämlich ein Signum des Erfolgs. Die Regierung Schröder hat es den deutschen Unternehmen erleichtert, sich so weit von überflüssiger, das heisst: unrentabler Arbeitskraft zu befreien, dass sie - bei stagnierenden, mitunter sinkenden Umsätzen - Gewinne realisieren konnten, wie selten zuvor und die meisten deutschen Firmen heute besser gerüstet sind als die Konkurrenz in Europa und Übersee. ..."

Starker Tobak, den man so nicht allzu oft liest oder hört. Aber wie heisst das Motto von "konkret" so schön: "lesen was andere nicht wissen wollen". Und darum gibt's gleich noch - kommentarlos - einen Nachschlag. Diesmal zum Thema Demokratie:

"... Darum hält sich die gesellschaftliche Herrschaft doch den ganzen scheissteuren Apparat, der Demokratie heisst: dass das darin beschäftigte Personal die Kapitalinteressen auf eine Weise vermittelt, die deren Opfer nicht zur Weissglut bringt, sondern, wie Schröder so zauberhaft formuliert, "den sozialen Zusammenhalt wahrt". ..."

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In den Gehörgängen: Destiny's Child - Get On The Bus (wunderbare Timbaland-Produktion)
Zuletzt gelesen: konkret
Zuletzt geglotzt: Alles auf Zucker
Aktuelles Lieblingswort: Schlingel

[Politik] Asylpolitik.ch eröffnet

Menschenrechte wegwerfen? - Asylgesetz Nein!
Grafik von www.asylpolitik.ch

Mit lobenswertem Engagement hat Esther Brunner die Informations- und Diskussionsplattform "Asylpolitk" auf die Beine gestellt. Dort gibt es neber einer allgemeinen Erklärung, Informationen zum Asylgesetz und dem geplanten Referendum auch einen Blog zum Abonnieren (XML-Feed via RSS unter http://www.asylpolitik.ch/feed.php?ns=blog).

Man kann und soll sich aber auch engagieren. Z.B. mitdiskutieren oder mit bereit gestellten Grafiken wie der obigen auf der eigenen Seite die gute Sache unterstützen.

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In den Gehörgängen: The Prodigy - Out Of Space (Audio Bullys Remix)
Zuletzt gelesen: Eugen Drewermann - Wie zu leben wäre
Zuletzt geglotzt: Fussball-Spiel U17 Holland - Türkei
Aktuelles Lieblingswort: Balg

[Politik] Lieber Krankfeiern als gesund schuften

"Lasst uns faul in allen Sachen
Nur nicht faul zu Lieb' und Wein
Nur nicht faul zur Faulheit sein"


(Gotthold Ephraim Lessing)

Wer kennt es nicht. Manchmal hat man einfach keine Lust zu arbeiten. Man hat vielleicht die ganze Woche durch schon heftig Überstunden geschoben, gekrampft, dass die Schwarte kracht, oder hat ganz einfach keine Lust, aus dem kuschelig warmen Bett aufzustehen.

Da hilft nur eins: krankfeiern, blau machen, sich eine Pause gönnen. Spätestens nach drei, vier Tagen ist aber ein Arztbesuch angesagt, um dem misstrauischen Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit offiziell mit einem Attest zu bestätigen.

Hier hilft die Broschüre "Diagnose Kapitalismus - Therapie Pause" der Gruppe namens "Die Überflüssigen" mit medizinischem Wissen "zur Überwindung von Arbeitszwang und Behördendrangsal". In der Broschüre gibt's Tipps, um seine "Beschwerden" wie Migräne, Depression, Durchfall etc. überzeugend zu verkaufen.

Damit haben "Die Überflüssigen" in Deutschland eine Broschüre wieder zugänglich gemacht, die 1980 unter dem Titel "Wege zu Wissen und Wohlstand - lieber Krankfeiern als gesund schuften" für Schlagzeilen sorgte (mehr dazu im Telepolis-Artikel "Mach mal Pause").

Mehr Krankfeiern ist für unsere psychische Gesundheit dringend nötig. Gerade hier in Basel sollten wir uns doch wieder ein bisschen mehr der schönen Tradition des Blaumachens besinnen:

"Und am Mäntig macht me Blaue,
und am Zyschtig schlooft me us,
und am Mittwuch goht eim gopfridstutz no s'Pulver us.
und am Donnschtig suecht me Arbet,
und am Frytig foht me a,
und am Samschtig sott me ums veregge Vorschuss ha!"


(Liedtext "Z Basel uff dr Brugg").

Übrigens: Texte, Gedichte und Zitate zum Thema auch bei "Otium - Initiative zur Rehabilitierung von Muße & Müßiggang"

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In den Gehörgängen: Superpitcher - Happiness
Zuletzt gelesen: Das Magazin
Zuletzt geglotzt: Pétanque-Weltmeisterschaften auf France 3
Aktuelles Lieblingswort: handwarm

[Politik] Novartis Campus Plus - die vergessenen Kosten

Kleine Vorgeschichte

Schon seit längerem hatte das Baudepartement der Stadt Basel Pläne für den Basler Hafen St. Johann: Eine Skyline mit Wohnhochhäuser sollte dort entstehen. Aufgrund fehlender Mittel konnte das Projekt jedoch nicht realisiert werden. Als dann aber vor einem Jahr die Regierungen von Baselland und Basel-Stadt ihre Pläne für die Zusammenlegung ihrer Rheinhäfen bekannt gaben, wurde Novartis aktiv. Der Pharmamulti erkannte, dass seine Ausbaupläne für das "Campus des Wissens"-Projekt im Bereich des Hafens St. Johann gefährdet waren. In einem so genannten Routinegespräch mit der Basler Regierung "legte Novartis der Basler Regierung ihre Ansichten offen" (BaZ).

Das ursprüngliche Projekt wurde darauf schubladisiert und die Verhandlungen mit Novartis unter Leitung von Wirtschaftsminister Lewin vorangetrieben. Das Projekt erhielt in der Regierung oberste Priorität, da Novartis signalisierte, bei einer Zustimmung sei mit einer "substanziellen" Zunahme der Steuerabgaben zu rechnen. Die Rede war und ist von 150 Millionen Franken innerhalb der nächsten fünf Jahre. Bereits im Mai dieses Jahres wurde die Grundlagevereinbarung abgeschlossen. Erste umstrittene Details sickerten damals auf nicht offiziellen Kanälen an die Öffentlichkeit.

Campus Plus Modellbild
Modellbild des Campus Plus (Foto www.basel.ch)


Details zum Projekt

Letzten Donnerstag machte nun der Regierungsrat in seiner Medienmitteilung die finanziellen und anderen Details des Projekts "Neunutzung Hafen St. Johann - Campus Plus" bekannt. Die Umnutzung wird nach Regierungsangaben 156 Millionen Franken kosten. Die Novartis will 100 Millionen Franken für das Areal und die anfallenden Kosten bieten, die restlichen 56 Millionen Franken trägt der Kanton, der sich dafür einen üppigen Rückfluss an Steuergelder erhofft (die erwähnten 150 Millionen Franken). 38 der 100 Millionen Franken von Novartis sollen neben der Übertragung des Hafenareals, der Übereignung der Parzelle Elsässerstrasse/Hüningerstrasse, und weiterer Parzellen schliesslich auch die Privatisierung der Hüningerstrasse abgelten. Mit den restlichen 62 Millionen Franken soll ein Beitrag an die Kosten des Kantons (Rückbau des Hafens, Entschädigung der betroffenen Baurechtnehmer, Altlastensanierung des Areals etc.) geleistet werden.

Kosten "vergessen"

Soweit, so gut. Einem grossen Arbeitgeber in der Region darf man ja durchaus "ein bisschen" mit 56 Millionen Franken entgegenkommen, wenn's nachher im Staatskässelein klingelt. Denn wie fasst's die alte Tante NZZ so schön zusammen:

"Aus Sicht der Regierung dürfte sich die Umsetzung des Projekts nicht nur aus städtebaulichen, sondern auch aus finanziellen Gründen lohnen. Wie zu erfahren war, hat sich Novartis gegenüber der Regierung verpflichtet, in Zukunft vermehrt Konzern- und Geschäftsfunktionen mit hoher strategischer Bedeutung und Wertschöpfung am (verglichen mit dem Ausland steuergünstigen) [das liest man auch nicht jeden Tag; Anm. gebsn] Standort Basel anzusiedeln. Auf diese Weise sollen sich im Laufe der nächsten fünf Jahre die Steuereinnahmen um 150 Millionen Franken erhöhen. Gemessen an den Ausgaben von 56 Millionen wäre dies ein Return on Investment, der - falls er eintritt [Hervorhebung gebsn] - manches private Unternehmen vor Neid erblassen lassen wird."

Erstens muss natürlich dieser "Return on Investment" erstmal in der erhofften Grösse eintreffen. Und zweitens wurden bei der Aufstellung der Kosten des Kantons bei diesem Projekt doch einige Punkte "vergessen", wie die Basler Partei "BastA!" in ihrer Pressemitteilung (pfd-Datei) moniert.
  • Ausbau Hafen Klybeck als Ersatz für den alten Hafen (22 Mio. Fr.)
  • Kauf des Schorenareals als Ersatz für die Wohnhäuser Hüninger- / Elsässerstrasse (zwischen Fr. 10 und 30 Mio.) Entgegen der ursprünglichen Ankündigungen ist die Abtretung des Schorenareals nicht Bestandteil der Vereinbarung (vergleiche Medienmitteilung vom 15. Juni 2005 von Novartis und Kanton).
  • Der Mehrwert, der aus der Schaffung der Hochhauszone innerhalb des Novartis Campus resultiert, ist nicht abgegolten.
  • Die langfristige Ersatzerschliessung des Verkehrs Hüningerstrasse ist nicht gedeckt.
  • Die Regierung selbst spricht von planerischen Ungenauigkeiten von bis zu 25 % (15 - 20 Mio. Fr.)
  • Die jährlichen Mindereinnahmen der Rheinschifffahrtsdirektion von Fr. 1 Mio. sind nicht in die Rechnung einbezogen worden.
Unverständlich ist ausserdem, warum der Kanton die Altlastensanierung übernehmen soll, war es doch eine Vorgängerfirma der Novartis (Farbenfabrik Durand Huguenin), die vermutlich für einen Grossteil der Altlasten verantwortlich ist. Novartis als rechtliche Nachfolgerin wäre deshalb gemäss Altlastenverordnung verpflichtet, die Kosten zu tragen.

Zumindest in Frage stellen kann man auch die Privatisierung der Hüningerstrasse und die damit verbundene Ersatzerschliessung (geplant ist eine Neuführung des Privatverkehrs über und auf französischem Boden!). Weiter trübt auch die Tatsache, dass die geplante Grünanlage wohl nur zu einem kleinen Teil der Öffentlichkeit zugänglich sein wird, meine Freude als Basler Bürger am "Campus Plus"-Projekt.

Quellen: -----

In den Gehörgängen: Osymyso - Something New
Auf dem Nachttischchen: Walter Benjamin - Berliner Kindheit um Neunzehnhundert
Auf der Mattscheibe: Before Sunset
Aktuelles Lieblingswort: Beeyatch

[Politik] Terrorhysterie in London und ihre Folgen

In einem "Guardian"-Artikel (Englisch) vom vergangen Donnerstag berichtet David Mery, wie er als Terrorist verdächtigt, verhaftet und seine Wohnung durchsucht wurde. D. Mery beging den "Fehler", die U-Bahn zu benützen und dabei verdächtig auszusehen. In der U-Bahn-Station machte er sich nämlich nach Polizeiaussagen wegen folgender Verhaltensweisen verdächtig:
  • Er lief in die U-Bahn-Station ohne die Polizeibeamten am Eingang oder den Eingangsschranken anzuschauen
  • Zwei andere Männer betraten die U-Bahn-Station zur gleichen Zeit
  • Er trug eine Jacke, die "zu warm für die Jahreszeit" war
  • Er trug einen grossen Rucksack und behielt ihn die ganze Zeit bei sich
  • Er schaute Leute an, welche die U-Bahn-Plattform betraten
  • Er spielte an seinem Mobiltelefon herum und nahm dann ein Papier aus seiner Jacke hervor
Ja, das geht natürlich nicht! Kein Wunder wurde er sofort festgenommen, der U-Bahnhof evakuiert, das Bombenkommando alarmiert, seine Wohnung ohne vorherige Benachrichtigung seiner sich darin befindlichen Freundin durchsucht etc. pp. (Mehr dazu im erwähnten Artikel (in Englisch)).

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In den Gehörgängen: Stereo Total - Ex Fan de 60ies (Gratis-mp3)
Auf dem Nachttischchen: Eugen Drewermann - Wie zu leben wäre
Auf der Mattscheibe: Late Night with Conan O'Brien (CNBC Europe)
Aktuelles Lieblingswort: Sauce

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