[Politik] Unabhängiges Kosovo - gravierende Auswirkungen für das Völkerrecht
Letzte Woche verkündete der UN-Beauftragten für das Kosovo, Martti Ahtisaari, seine Pläne für die südserbische Provinz Kosovo. Diese sehen die Unabhängigkeit der Provinz unter internationaler Aufsicht vor. Die USA, die Europäische Union und die Nato befürworten die Pläne Ahtisaaris.
In der ganzen, mir vor die Augen oder zu Ohren gekommenen Berichterstattung über den Vorschlag Ahtisaaris wird die völkerrechtliche Bedeutung einer von aussen, sprich: vom UN-Sicherheitsrat, verordneten Unabhängigkeit einer Provinz eines föderalen Staats sträflich vernachlässigt und entweder gar nicht oder kaum erwähnt. Ein solcher Entscheid könnte und wird wohl aber gravierende Folgen für weitere föderale Staaten mit nach Unabhängigkeit strebenden Provinzen haben. Seien es die Tamilen in Sri Lanka, die Kurden, die Basken. Sie alle werden sich auf einen solchen Entscheid stützen, um die von Ihnen angestrebte Unabhängigkeit zu erreichen. Der Sicherheitsrat wird heute über Ahtisaaris Vorschlag beraten.
Bei Zeit-Fragen gibt es zur völkerrechtlichen Bedeutung die schriftliche Fassung der Stellungnahme von Prof. Thomas Fleischer, Direktor des Instituts für Föderalismus (ein Institut der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg) zu lesen, welche dieser anlässlich des Treffens der beiden Delegationen mit der Unosek (United Nations Office of the Special Envoy for Kosovo - das Büro des Sondergesandten Martti Ahtisaari) gehalten hat. Und dort heisst es unter anderem:
"Serbien ist Mitglied der Vereinten Nationen. Wenn der Sicherheitsrat den Vorschlag der Unosek annimmt, würde er effektiv das Territorium eines Mitgliedsstaates aufteilen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen einem solchen Eingriff in die territoriale Integrität und Souveränität eines ihrer Mitglieder zustimmen würden. Jedes Mitglied könnte sich eines Tages solchen Forderungen gegenübersehen."
Auch die Glaubwürdigkeit der UNO wäre nach Ansicht von Thomas Fleischer, der ich mich gerne anschliesse, stark bedroht:
"Die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen als internationaler Organisation von souveränen Mitgliedsstaaten würde in Frage gestellt. Würde in Zukunft irgendein Staat ohne Befürchtungen einer internationalen Organisation beitreten können, die nicht nur die Befugnis hat, Mitglieder auszuschliessen (wozu die Uno nicht befugt ist), sondern auch, sie aufzuteilen? Kann man sich vorstellen, dass ein vernünftiger Mensch einem Klub beitreten würde, der die Macht hätte, ein beliebiges Mitglied auf Grund eines einfachen Vorstandsbeschlusses zu vernichten? Ich kenne keinen Selbstmörderklub."
Die ganze Stellungnahme bei Zeit-Fragen.
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In den Gehörgängen: DRS 3
Zuletzt gelesen: BaZ
Zuletzt geglotzt: Nano
Aktuelles Lieblingswort: pischern [alle]
In der ganzen, mir vor die Augen oder zu Ohren gekommenen Berichterstattung über den Vorschlag Ahtisaaris wird die völkerrechtliche Bedeutung einer von aussen, sprich: vom UN-Sicherheitsrat, verordneten Unabhängigkeit einer Provinz eines föderalen Staats sträflich vernachlässigt und entweder gar nicht oder kaum erwähnt. Ein solcher Entscheid könnte und wird wohl aber gravierende Folgen für weitere föderale Staaten mit nach Unabhängigkeit strebenden Provinzen haben. Seien es die Tamilen in Sri Lanka, die Kurden, die Basken. Sie alle werden sich auf einen solchen Entscheid stützen, um die von Ihnen angestrebte Unabhängigkeit zu erreichen. Der Sicherheitsrat wird heute über Ahtisaaris Vorschlag beraten.
Bei Zeit-Fragen gibt es zur völkerrechtlichen Bedeutung die schriftliche Fassung der Stellungnahme von Prof. Thomas Fleischer, Direktor des Instituts für Föderalismus (ein Institut der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg) zu lesen, welche dieser anlässlich des Treffens der beiden Delegationen mit der Unosek (United Nations Office of the Special Envoy for Kosovo - das Büro des Sondergesandten Martti Ahtisaari) gehalten hat. Und dort heisst es unter anderem:
"Serbien ist Mitglied der Vereinten Nationen. Wenn der Sicherheitsrat den Vorschlag der Unosek annimmt, würde er effektiv das Territorium eines Mitgliedsstaates aufteilen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen einem solchen Eingriff in die territoriale Integrität und Souveränität eines ihrer Mitglieder zustimmen würden. Jedes Mitglied könnte sich eines Tages solchen Forderungen gegenübersehen."
Auch die Glaubwürdigkeit der UNO wäre nach Ansicht von Thomas Fleischer, der ich mich gerne anschliesse, stark bedroht:
"Die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen als internationaler Organisation von souveränen Mitgliedsstaaten würde in Frage gestellt. Würde in Zukunft irgendein Staat ohne Befürchtungen einer internationalen Organisation beitreten können, die nicht nur die Befugnis hat, Mitglieder auszuschliessen (wozu die Uno nicht befugt ist), sondern auch, sie aufzuteilen? Kann man sich vorstellen, dass ein vernünftiger Mensch einem Klub beitreten würde, der die Macht hätte, ein beliebiges Mitglied auf Grund eines einfachen Vorstandsbeschlusses zu vernichten? Ich kenne keinen Selbstmörderklub."
Die ganze Stellungnahme bei Zeit-Fragen.
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gebsn - Dienstag, 3. April 2007, 13:10
Also
Ganz einfach
"Erstens: Auf der Grundlage der Uno-Charta haben die Nation oder die Völker von Serbien als Mitgliedsland ein Recht auf Selbstbestimmung.
Zweitens: Alle Gemeinschaften in Serbien haben ein Recht auf Autonomie, also sowohl die Kosovo-Albaner, die Serben in Kosovo (einschliesslich der Flüchtlinge und Vertriebenen) als auch andere Gemeinschaften.
Drittens: Alle diese Rechte müssen ernst genommen werden, und keines kann Vorrang vor den anderen geniessen, etwa auf Grund der Zahl der Menschen, die einer bestimmten Gemeinschaft angehören. Dies bedeutet, dass im Falle eines Konflikts zwischen verschiedenen Vorstellungen von Selbstbestimmung nur ein Konsens zwischen den verschiedenen Gemeinschaften zu einer akzeptablen und nachhaltigen Lösung führen kann."
Und eben nicht eine von aussen aufgedrückte Entscheidung.
Können wir gerne