[Politik] Anti-WEF-Demo in Basel: ein launischer Bericht
Nun, es sei gleich zu Beginn gestanden. Meiner einer ist trotz der passenden politischen Gesinnung nicht der grosse Demogänger. Dies liegt zu einem nicht unbeträchtlichen Teil daran, dass mein gesamter Freund- und Kollegenkreis in ganz anderen politischen Gefilden heimisch ist. Da es meinem Bruder Dominik bemerkenswerterweise genau so ergeht, beschlossen wir, gemeinsam an der Anti-WEF-Demo teilzunehmen.
Der Demozug ist auf dem Marktplatz angekommen, nur noch wenige Meter bis zum Einmarsch in Kleinbasler Territorialgebiet.
Dem nicht fürchterlich konkreten Motto "Die Zukunft in eigene Hände nehmen - Kapitalismus überwinden!" entsprechend war an der Demonstration von den JuSos über den berüchtigten Schwarzen Block bis zur "Free Tibet"-Fraktion so ziemlich alles an politischen Gruppierungen vertreten, was Rang und Namen hat. Sogar ein Basler Mitblogger war unter den Teilnehmern zu sichten und zu begrüssen.
Wieso aber war Gebsn Teilnehmer der Demo? Nun, erstens, um dem mehr und mehr erlahmenden Demoeifer Paroli zu bieten und auch das angesichts der zahlreichen ausgelassenen Demonstrationen eigene schlechte Gewissen zu beruhigen. Zwotens, um für die Demonstrationsfreiheit einzustehen; erinnert sei dabei nur an das Demoverbot letztes Jahr in Basel und die im Anschluss erst kürzlich verkündeten, absurd, ja lächerlich hohen Bussen für die damals illegal Teilnehmenden. Und drittens natürlich auch, um gegen WEF und neoliberale und imperialistische Politik und also für meine politische Haltung zu demonstrieren, die sicherlich ziemlich links ist, aber so einfach zu erklären nicht ist. Dazu vielleicht später mal in aller Ausführlichkeit mehr.
Kreativer Antikonsumismus kann so einfach sein: Hammer und Sichel selber häkeln und mit Sicherheitsnadeln an die Bomberjacke pappen.
Item. Je nach Quellen sollen sich zwischen. 1'500 und 2'500 Menschen “bei klirrender Kälte“ (Tagesschau) eingefunden haben, um gegen das WEF und für die Überwindung des Kapitalismus zu demonstrieren. Und es war in der Tat gefrierbrandmässig kalt. Trotzdem war die Stimmung gut, und Jung und Alt zogen friedlich und fröhlich durch die Rheinkniestadt. Unterhalten von den Demomobillautsprechern mit zum Teil erfreulich dufter musikalischer Begleitung (so waren unter anderen die Beastie Buben aus Neu York zu hören). Ab und an wurden - eher verhalten - politische Parolen skandiert, über die Lautsprecher der Demomobile gab's Appelle, Raps und Voten.
Die kurdischen Maoisten/Kommunisten (?) wussten mich während des ganzen Umzugs zu begeistern. Auf Holzrahmen hatten Mitglieder der munteren Truppe Bilder ihrer Ikonen aufgezogen. Und dabei durften sich nicht nur Lenin und Oliba-Legende Öcalan, sondern auch die alten Haudegen und “Menschenfreunde“ Stalin und Mao über diese Art der Verehrung freuen.
Schnauzbärtig wie eh und je: Väterchen Stalin.
Aber nicht nur diese - sagen wir mal: überprüfenswerte - Ikonenverehrung hatte mich gefesselt, auch die Mitmarschierenden selbst. Da fanden sich neben den zu erwartenden Demoteilnehmern und älteren Semestern auch typische Secondo-Jünglinge in cooler und trendiger Kluft, die mit breitem wie lässigem Macho-Fussballergang und entsprechend coolem Gebaren unterwegs waren und dabei stolz die Kommunistenfahne geschultert hatten. Ein köstlicher Anblick.
Ein paar wenige vom kreativen Imperativ Inspirierte konnten ihre übersprudelnde Kreativität nur schwer im Zaun halten und sprayten Anti-Wef-Parolen an die die bevorzugten Ausbeuterfassaden (UBS, Manpower) und auf Nobelkarossen. Anscheinend auch unmaskiert und vor den laufenden Kameras des Schweizer Fernsehens. Ob die wenigen warholschen Minuten des Ruhmes die zu erwartenden unangenehmen Fragen von Freund und Helfer wohl vergessen lassen werden?
Feinstaub anyone? Ein wärmendes Feuerchen auf dem „Barfi“ bei dieser Scheisskälte in Ehren, aber gesamtheitliches Denken hätte hier unter Umständen andere Lösungsansätze für diesen symbolischen Akt präsentiert. (Bild mit freundlicher Genehmigung aus der Wochenschau von Walter & Spehr, Copyright Walter & Spehr)
A propos Polizei: Die hielt sich vernünftigerweise vornehm zurück und hatte ihre Hundertschaften in Bereitschaftsräumen abseits des Geschehens stationiert. Wie ich auf dem Heimweg sehen konnte, lümmelten sich sogar ein paar Bereitschaftspolizisten aus dem Kanton Bern mit ihren gepanzerten Gefährten in “meinem“ Wohnquartier "Gundeli" herum und hielten Maulaffen feil. Kurz: an der Demonstration waren neben Verkehrspolizisten und "Zivis" kaum respektive gar kein Polizist in Kampfmontur zu sehen. Ein Kurs in Sachen "wie ziehe ich mich an, damit man mich nicht schon aus drei Kilometern Entfernung bei dicker Nebelsuppe in mondscheinloser Nacht als Polizisten erkennt" täte manchen Zivilpolizisten übrigens nicht nur schaden.
Überrascht und empört hatte mich, dass Teile der Polizei in Armeefahrzeugen mit Armeenummernschilder herumkurvten. Die Armee an Demonstrationen? Doch die Basellandschaftliche Zeitung von heute wusste meine empörte Verwirrung aufzuklären: die Vehikel wurden von der Solothurner Polizei gemietet. Ich nehme mal an zu den marktüblichen Mietpreisen.
Unsere Freunde und Helfer in Eile: In wenigen Minuten beginnen die Schlussvoten. Und die wollen schliesslich nicht verpasst werden.
Als der Demozug schliesslich kurz vor den Vieren am Bestimmungs- und Schlusskundgebungsort Claraplatz angekommen war, beschloss unsereins die letzten noch nicht abgefrorenen Zehen bei einem Heissgetränk aufzutauen. Anschliessend ging es mit den Taschen voller Propagandazettel, dem Herzen voller politischem Übermut und mit den Nasenhaaren voller Eiszapfen Richtung Heimweg.
P.S. Die schröckliche Bildqualität meiner eigenen Bilder bitte ich zu entschuldigen. Ich hatte meine Kamera zuhause vergessen und musste mit der Natelkamera vorlieb nehmen.
Mehr Berichterstattung mit ausführlichem Bildmaterial gibt's beim Baselblog.
Mehr zur Demo und den politischen Aussagen der Organisatoren: http://www.nodemo.ch/.
Mehr Bilder auch bei der Wochenschau von Walter & Spehr und bei indymedia hier und hier.
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In den Gehörgängen: DRS3-Allerlei
Zuletzt gelesen: BZ
Zuletzt geglotzt: nix
Aktuelles Lieblingswort: bass
Der Demozug ist auf dem Marktplatz angekommen, nur noch wenige Meter bis zum Einmarsch in Kleinbasler Territorialgebiet.
Dem nicht fürchterlich konkreten Motto "Die Zukunft in eigene Hände nehmen - Kapitalismus überwinden!" entsprechend war an der Demonstration von den JuSos über den berüchtigten Schwarzen Block bis zur "Free Tibet"-Fraktion so ziemlich alles an politischen Gruppierungen vertreten, was Rang und Namen hat. Sogar ein Basler Mitblogger war unter den Teilnehmern zu sichten und zu begrüssen.
Wieso aber war Gebsn Teilnehmer der Demo? Nun, erstens, um dem mehr und mehr erlahmenden Demoeifer Paroli zu bieten und auch das angesichts der zahlreichen ausgelassenen Demonstrationen eigene schlechte Gewissen zu beruhigen. Zwotens, um für die Demonstrationsfreiheit einzustehen; erinnert sei dabei nur an das Demoverbot letztes Jahr in Basel und die im Anschluss erst kürzlich verkündeten, absurd, ja lächerlich hohen Bussen für die damals illegal Teilnehmenden. Und drittens natürlich auch, um gegen WEF und neoliberale und imperialistische Politik und also für meine politische Haltung zu demonstrieren, die sicherlich ziemlich links ist, aber so einfach zu erklären nicht ist. Dazu vielleicht später mal in aller Ausführlichkeit mehr.
Kreativer Antikonsumismus kann so einfach sein: Hammer und Sichel selber häkeln und mit Sicherheitsnadeln an die Bomberjacke pappen.
Item. Je nach Quellen sollen sich zwischen. 1'500 und 2'500 Menschen “bei klirrender Kälte“ (Tagesschau) eingefunden haben, um gegen das WEF und für die Überwindung des Kapitalismus zu demonstrieren. Und es war in der Tat gefrierbrandmässig kalt. Trotzdem war die Stimmung gut, und Jung und Alt zogen friedlich und fröhlich durch die Rheinkniestadt. Unterhalten von den Demomobillautsprechern mit zum Teil erfreulich dufter musikalischer Begleitung (so waren unter anderen die Beastie Buben aus Neu York zu hören). Ab und an wurden - eher verhalten - politische Parolen skandiert, über die Lautsprecher der Demomobile gab's Appelle, Raps und Voten.
Die kurdischen Maoisten/Kommunisten (?) wussten mich während des ganzen Umzugs zu begeistern. Auf Holzrahmen hatten Mitglieder der munteren Truppe Bilder ihrer Ikonen aufgezogen. Und dabei durften sich nicht nur Lenin und Oliba-Legende Öcalan, sondern auch die alten Haudegen und “Menschenfreunde“ Stalin und Mao über diese Art der Verehrung freuen.
Schnauzbärtig wie eh und je: Väterchen Stalin.
Aber nicht nur diese - sagen wir mal: überprüfenswerte - Ikonenverehrung hatte mich gefesselt, auch die Mitmarschierenden selbst. Da fanden sich neben den zu erwartenden Demoteilnehmern und älteren Semestern auch typische Secondo-Jünglinge in cooler und trendiger Kluft, die mit breitem wie lässigem Macho-Fussballergang und entsprechend coolem Gebaren unterwegs waren und dabei stolz die Kommunistenfahne geschultert hatten. Ein köstlicher Anblick.
Ein paar wenige vom kreativen Imperativ Inspirierte konnten ihre übersprudelnde Kreativität nur schwer im Zaun halten und sprayten Anti-Wef-Parolen an die die bevorzugten Ausbeuterfassaden (UBS, Manpower) und auf Nobelkarossen. Anscheinend auch unmaskiert und vor den laufenden Kameras des Schweizer Fernsehens. Ob die wenigen warholschen Minuten des Ruhmes die zu erwartenden unangenehmen Fragen von Freund und Helfer wohl vergessen lassen werden?
Feinstaub anyone? Ein wärmendes Feuerchen auf dem „Barfi“ bei dieser Scheisskälte in Ehren, aber gesamtheitliches Denken hätte hier unter Umständen andere Lösungsansätze für diesen symbolischen Akt präsentiert. (Bild mit freundlicher Genehmigung aus der Wochenschau von Walter & Spehr, Copyright Walter & Spehr)
A propos Polizei: Die hielt sich vernünftigerweise vornehm zurück und hatte ihre Hundertschaften in Bereitschaftsräumen abseits des Geschehens stationiert. Wie ich auf dem Heimweg sehen konnte, lümmelten sich sogar ein paar Bereitschaftspolizisten aus dem Kanton Bern mit ihren gepanzerten Gefährten in “meinem“ Wohnquartier "Gundeli" herum und hielten Maulaffen feil. Kurz: an der Demonstration waren neben Verkehrspolizisten und "Zivis" kaum respektive gar kein Polizist in Kampfmontur zu sehen. Ein Kurs in Sachen "wie ziehe ich mich an, damit man mich nicht schon aus drei Kilometern Entfernung bei dicker Nebelsuppe in mondscheinloser Nacht als Polizisten erkennt" täte manchen Zivilpolizisten übrigens nicht nur schaden.
Überrascht und empört hatte mich, dass Teile der Polizei in Armeefahrzeugen mit Armeenummernschilder herumkurvten. Die Armee an Demonstrationen? Doch die Basellandschaftliche Zeitung von heute wusste meine empörte Verwirrung aufzuklären: die Vehikel wurden von der Solothurner Polizei gemietet. Ich nehme mal an zu den marktüblichen Mietpreisen.
Unsere Freunde und Helfer in Eile: In wenigen Minuten beginnen die Schlussvoten. Und die wollen schliesslich nicht verpasst werden.
Als der Demozug schliesslich kurz vor den Vieren am Bestimmungs- und Schlusskundgebungsort Claraplatz angekommen war, beschloss unsereins die letzten noch nicht abgefrorenen Zehen bei einem Heissgetränk aufzutauen. Anschliessend ging es mit den Taschen voller Propagandazettel, dem Herzen voller politischem Übermut und mit den Nasenhaaren voller Eiszapfen Richtung Heimweg.
P.S. Die schröckliche Bildqualität meiner eigenen Bilder bitte ich zu entschuldigen. Ich hatte meine Kamera zuhause vergessen und musste mit der Natelkamera vorlieb nehmen.
Mehr Berichterstattung mit ausführlichem Bildmaterial gibt's beim Baselblog.
Mehr zur Demo und den politischen Aussagen der Organisatoren: http://www.nodemo.ch/.
Mehr Bilder auch bei der Wochenschau von Walter & Spehr und bei indymedia hier und hier.
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In den Gehörgängen: DRS3-Allerlei
Zuletzt gelesen: BZ
Zuletzt geglotzt: nix
Aktuelles Lieblingswort: bass
gebsn - Montag, 30. Januar 2006, 15:49
Danke Gebsn!
Übrigens: Die kurdischen ML-irgendwasses haben es in viele Zeitungen der Welt geschafft mit ihren Plakaten. Die sind dann meist das Bild zu den jeweiligen WEF-Artikeln.
Neues Lieblingswort: Weg-Wef-Gesellschaft ...
Und ein weiterer Wortwitz