Dichtes Programm für dünnes Haar
Fünf schöne Jahre lang war ich Stammkunde bei meinem Coiffeur in meinem Heimatquartier Gundeli. Er ist nicht nur ein Meister seines Faches sondern über die Jahre auch ein vertrauter Bekannter geworden, mit dem Anekdoten, Fussball-Fachsimpeleien und hin und wieder Tiefgründiges ausgetauscht wurde.
Prima Schur am Shepherd's Bush-Kreisel
Da fällt es natürlich schwer, das Schicksal meiner Haare in unbekannte Hände zu legen. Erst recht in einem fremden Land, auch wenn der Coiffeurbesuch an und für sich ein mutiger Akt ist. Wer würde bitteschön in einen Kleiderladen spazieren und den Eigentümer bitten, ihm nach seinem Gutdünken etwas Modisches, aber nicht zu Modisches überzuziehen. Vielleicht oben etwas bunt, die Hosen nicht zu lang. Richtig, kein Mensch mit Vernunft. Und das zu recht. Aber beim Haareschneiden vertrauen wir uns voll und ganz den Künsten eines Fremden an.
Nachdem mein Haar schon unanständig lang geworden war (Kollege P. P. hätte zu recht von einer "Hippiefrisur" gesprochen), wurde es Zeit, hier in London einen Coiffeursalon aufzusuchen. Mit etwas mulmigen Gefühl betrat ich deshalb gestern einen Barber Shop am Shepherd's Bush, keine fünf Gehminuten vom trauten Heime entfernt.
Gewissenhaft und flink machte sich der junge Mann ans Werk. Nachdem mein Haar mit kräftigen aber gefühlvollen Händen ausdauernd und in mehreren Gängen gewaschen war, folgte als Hauptakt der Haarschnitt. In wahnwitzigem Tempo schnipselte der Coiffeur an meinem Haar herum, trug Schicht um Schicht ab und machte sich schliesslich an den Feinschliff. Grosser elektrischer Haartrimmer, kleiner Haartrimmer, Putzpinselschen, Schere, Föhn, Haartrimmer, Putzpinselchen ... im Sekundentakt schien er seine Instrumente zu wechseln. Wahnsinn. Ohne die beiseite gelegte Brille, sprich nur mit meiner an Blindheit grenzenden Kurzsichtigkeit ausgerüstet, konnte ich nur ahnen, wie es um mein Haupthaar stand.
Nicht lange, und das Mäntelchen wurde entfernt. Mit freudiger und erwartungsvoller Miene präsentierte mir der Figaro sein Werk. Die Sehkraft wiederhergestellt konnte ich erleichtert und erfreut feststellen, dass feinste Arbeit geleistet worden war. Nicht zu kurz, nicht zu lang, was will man mehr? Mit dem glücklichen Gefühl, wieder einen Stammcoiffeur gefunden zu haben, machte ich mich fröhlich pfeifend auf den Heimweg Richtung Sonnenuntergang.
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In den Gehörgängen: Archive - Sham
Zuletzt gelesen: Lexikon der bedrohten Wörter
Zuletzt geglotzt: Nix
Aktuelles Lieblingswort: Funzel [alle Lieblingswörter]
Prima Schur am Shepherd's Bush-Kreisel
Da fällt es natürlich schwer, das Schicksal meiner Haare in unbekannte Hände zu legen. Erst recht in einem fremden Land, auch wenn der Coiffeurbesuch an und für sich ein mutiger Akt ist. Wer würde bitteschön in einen Kleiderladen spazieren und den Eigentümer bitten, ihm nach seinem Gutdünken etwas Modisches, aber nicht zu Modisches überzuziehen. Vielleicht oben etwas bunt, die Hosen nicht zu lang. Richtig, kein Mensch mit Vernunft. Und das zu recht. Aber beim Haareschneiden vertrauen wir uns voll und ganz den Künsten eines Fremden an.
Nachdem mein Haar schon unanständig lang geworden war (Kollege P. P. hätte zu recht von einer "Hippiefrisur" gesprochen), wurde es Zeit, hier in London einen Coiffeursalon aufzusuchen. Mit etwas mulmigen Gefühl betrat ich deshalb gestern einen Barber Shop am Shepherd's Bush, keine fünf Gehminuten vom trauten Heime entfernt.
Gewissenhaft und flink machte sich der junge Mann ans Werk. Nachdem mein Haar mit kräftigen aber gefühlvollen Händen ausdauernd und in mehreren Gängen gewaschen war, folgte als Hauptakt der Haarschnitt. In wahnwitzigem Tempo schnipselte der Coiffeur an meinem Haar herum, trug Schicht um Schicht ab und machte sich schliesslich an den Feinschliff. Grosser elektrischer Haartrimmer, kleiner Haartrimmer, Putzpinselschen, Schere, Föhn, Haartrimmer, Putzpinselchen ... im Sekundentakt schien er seine Instrumente zu wechseln. Wahnsinn. Ohne die beiseite gelegte Brille, sprich nur mit meiner an Blindheit grenzenden Kurzsichtigkeit ausgerüstet, konnte ich nur ahnen, wie es um mein Haupthaar stand.
Nicht lange, und das Mäntelchen wurde entfernt. Mit freudiger und erwartungsvoller Miene präsentierte mir der Figaro sein Werk. Die Sehkraft wiederhergestellt konnte ich erleichtert und erfreut feststellen, dass feinste Arbeit geleistet worden war. Nicht zu kurz, nicht zu lang, was will man mehr? Mit dem glücklichen Gefühl, wieder einen Stammcoiffeur gefunden zu haben, machte ich mich fröhlich pfeifend auf den Heimweg Richtung Sonnenuntergang.
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gebsn - Freitag, 29. August 2008, 07:42
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