[Das Leben] Üble Mächte am Spiel
Zürnt mir der liebe Gott, weil ich Häretiker geworden bin, dem Glauben abgeschworen habe und aus der Kirche ausgetreten bin? Hat sich das Weltenschicksal aus unerfindlichen Gründen gegen mich verschworen? Sitzen irgendwo in den Schaltzentralen der Macht ein paar in Laborkittel gehüllte, wahnsinnige Professoren mit langen, dünnen grauen Haaren und lachen sich hämisch und irre in die gichtigen Fäustchen?
Da muss ich einmal frühmorgens am Montag um 4.30 ausser Haus (Dortmund, Schweizer Nati, muss ich mehr sagen?). Da habe ich einmal den sonntäglichen Rückflug von London über Zürich gebucht. Da fliege ich zum ersten Mal mit BA. Und was passiert? Nicht das, was sollte!
Denn was musste ich am Flughafen Heathrow Sonntagabends am Gate erfahren, waseliwas? Der auf 18.50 angesetzte Flug hatte garstige eineinhalb Stunden Verspätung und würde hochgerechnet erst um 23.20 in Zürich eintreffen. Jemernei, würden zu dieser späten Stund überhaupt noch Züge nach Basel, meiner süssen Heimat, verkehren? Keine Ahnung, denn mit den vorgängig für die planmässige Ankunftszeit ausgedruckten Zugsverbindungen ab Zürich Flughafen konnte ich höchstens noch das Lagerfeuer für die dräuende Übernachtung in Zürich entfachen.
Knapp sollte es werden, das beschieden per SMS die dankenswerterweise recherchierenden Kollegen, denn bereits um 23.43 ab Flughafen resp. ab 00.06 ab Zürich HB fahren sonntags die letzten Züge gen Basel. Scheibenkleister. Zum guten Glück hatte ich nur Handgepäck dabei und sollte es so nach der Landung in Zürich rasch bis zu den Geleisen schaffen. Aber was, wenn sich der Flug noch weiter verspäten sollte? Was, wenn mich die Zürcher Zöllner filzen sollten? Was, wenn eine Notwasserung auf dem Zürisee durchgeführt werden müsste? Tausend Gründe, warum es nicht auf den Zug reichen sollte, tauchten am Horizont meines besorgten Gemüts auf.
Nervös blickte ich alle fünf Minuten auf die trüben Monitore, die die Boarding-Zeiten verkünden sollten. Schon 21.50 und immer noch kein Boarding in Sicht! Da, endlich ging's los mit dem Boarding. Aber wie lange das dauerte! Was gab es da so lange in den Ausweisen zu blättern, auf die Tickets zu stieren, was zu palavern, BA-Angestellte? Vorwärts machen, Herr Gebsn hat in Zürich einen Zug zu erwischen! Meine Geduld wurde auf die schlimmsten Proben gestellt. Mit welcher Seelenruhe die Passagiere durch das Fingerdock zum Flugzeug schlenderten, ja schlichen. In welcher Gelassen- und Gemütlichkeit meine Mitpassagiere ihr Gepäck in den Gepäckfächern verstauten, sich in Zeitlupe auf ihren Sitzen breit machten! Und dann das Rollen zur Abflugpiste: Jedem anderen Flugzeug schien unser Pilot freundlich den Vortritt zu gewähren, ein Jet nach der anderen reihte sich vor uns ein. "Nach Ihnen", schien des Käptns Devise, während meiner einer auf glühenden Kohlen sass.
Endlich, endlich erhob sich das Flugzeug in die Luft. Während das kleine, weisse Flugzeug auf der Bildschirmkarte über meinem Kopf sich einfach nicht Richtung Zürich bewegen wollte, hätte ich am liebsten "Mehr Schub, jetzt aber mal Bleifuss, Oma" Richtung Cockpit geschrieen. Mit Musik aus meinen Kopfhörern versuchte ich, mich zu sedieren und meinen Blutdruck auf lebenssichernde Werte runterzudrücken, aber immer wieder tauchte ein Bild vor meinen Augen auf: Ein Herr Gebsn am Taxistand, der mit dem Taxifahrer über drei- bis vierstellige Frankenbeträge für eine Fahrt nach Basel verhandelt. Arglgl, wie die Herren Clever & Smart so träfe in solchen Situationen verlauten lassen! Der Angstschweiss rann mir über die Stirn, die Zeit unerbittlich durch die Finger.
Umso mehr frohlockte das Herz, als unser Kapitän scheppernd um zehn vor elf über die Lautsprecher verkündete, dass wir schon in einer Viertelstunde auf Zürcher Boden aufsetzten würden. Heissa! Und tatsächlich setzten wir zum angekündigten Zeitpunkt auf. Doch die Freude verging rasch, als ich mit dem Gepäck in der Hand dicht gedrängt mit meinen Mitpassagieren im Flugzeuggang stand und sehlnlichst und ungeduldig darauf wartete, dass ich endlich aus einer der hintersten Sitzreihen übers Fingerdock den Flughafen betreten durfte. Denn wegen eines technischen Defektes war das Fingerdock - leider, leider, wie's aus den Lautsprechern betont wurde - nicht benützbar, weshalb wir wie in guten alten Flugzeiten über die Treppe in einen bereit stehenden Bus steigen "durften".
Wer behauptet, in der Schweiz würde sich sowieso kein Schwein an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten, sah sich hier eines Besseren belehrt. Unser Buschauffeur fuhr gemächlichst rund um das Neonlicht-beleuchtete Flughafengelände und schien von Polizei-Schützenpanzer über Gepäckwägelchen bis zum unterirdischen Kreiselverkehr keine Sehenswürdigkeit des Flughafens auslassen zu wollen.
Endlich im Flughafengebäude! Ein Blick auf die Uhr verhiess Gutes, die Zeit sollte dicke reichen. Und so schritt ich zwar zügig, aber wohlgemut Richtung Ausgang, als ein Zollbeamte auf mich zutrat und mich mit einem "Entschuldigung" abfing. Oje, Zollkontrolle, alles vorbei!, schrie es in meinem Oberstübchen, während mein Körper Adrenalin satt ausschüttete. "Ist das schon der London-Flug?", wollte der Zollbeamte jedoch nur wissen. Und so schaffte ich es allen Widrigkeiten zum Trotz noch auf die letzte Zugverbindung und musste lediglich das Taxi vom Basler Bahnhof an die Heimadresse löhnen. Dem alten Herrn ein Schnippchen geschlagen, das Weltenschicksal gebodigt und in der Schaltzentralen der Macht bittere Enttäuschung ausgelöst: Ende gut, alles gut.
P.S. Wie es nach knappen zwei Stunden Schlaf später auf der WM-Exkursion nach Dortmund weiterging, kann man in meinen Blogstetten-Beitrag erfahren.
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In den Gehörgängen: El-P - Delorean
Zuletzt gelesen: BaZ
Zuletzt geglotzt: WM: Schweden-England
Aktuelles Lieblingswort: Brösel (auf der Schalmei)
Da muss ich einmal frühmorgens am Montag um 4.30 ausser Haus (Dortmund, Schweizer Nati, muss ich mehr sagen?). Da habe ich einmal den sonntäglichen Rückflug von London über Zürich gebucht. Da fliege ich zum ersten Mal mit BA. Und was passiert? Nicht das, was sollte!
Denn was musste ich am Flughafen Heathrow Sonntagabends am Gate erfahren, waseliwas? Der auf 18.50 angesetzte Flug hatte garstige eineinhalb Stunden Verspätung und würde hochgerechnet erst um 23.20 in Zürich eintreffen. Jemernei, würden zu dieser späten Stund überhaupt noch Züge nach Basel, meiner süssen Heimat, verkehren? Keine Ahnung, denn mit den vorgängig für die planmässige Ankunftszeit ausgedruckten Zugsverbindungen ab Zürich Flughafen konnte ich höchstens noch das Lagerfeuer für die dräuende Übernachtung in Zürich entfachen.
Knapp sollte es werden, das beschieden per SMS die dankenswerterweise recherchierenden Kollegen, denn bereits um 23.43 ab Flughafen resp. ab 00.06 ab Zürich HB fahren sonntags die letzten Züge gen Basel. Scheibenkleister. Zum guten Glück hatte ich nur Handgepäck dabei und sollte es so nach der Landung in Zürich rasch bis zu den Geleisen schaffen. Aber was, wenn sich der Flug noch weiter verspäten sollte? Was, wenn mich die Zürcher Zöllner filzen sollten? Was, wenn eine Notwasserung auf dem Zürisee durchgeführt werden müsste? Tausend Gründe, warum es nicht auf den Zug reichen sollte, tauchten am Horizont meines besorgten Gemüts auf.
Nervös blickte ich alle fünf Minuten auf die trüben Monitore, die die Boarding-Zeiten verkünden sollten. Schon 21.50 und immer noch kein Boarding in Sicht! Da, endlich ging's los mit dem Boarding. Aber wie lange das dauerte! Was gab es da so lange in den Ausweisen zu blättern, auf die Tickets zu stieren, was zu palavern, BA-Angestellte? Vorwärts machen, Herr Gebsn hat in Zürich einen Zug zu erwischen! Meine Geduld wurde auf die schlimmsten Proben gestellt. Mit welcher Seelenruhe die Passagiere durch das Fingerdock zum Flugzeug schlenderten, ja schlichen. In welcher Gelassen- und Gemütlichkeit meine Mitpassagiere ihr Gepäck in den Gepäckfächern verstauten, sich in Zeitlupe auf ihren Sitzen breit machten! Und dann das Rollen zur Abflugpiste: Jedem anderen Flugzeug schien unser Pilot freundlich den Vortritt zu gewähren, ein Jet nach der anderen reihte sich vor uns ein. "Nach Ihnen", schien des Käptns Devise, während meiner einer auf glühenden Kohlen sass.
Endlich, endlich erhob sich das Flugzeug in die Luft. Während das kleine, weisse Flugzeug auf der Bildschirmkarte über meinem Kopf sich einfach nicht Richtung Zürich bewegen wollte, hätte ich am liebsten "Mehr Schub, jetzt aber mal Bleifuss, Oma" Richtung Cockpit geschrieen. Mit Musik aus meinen Kopfhörern versuchte ich, mich zu sedieren und meinen Blutdruck auf lebenssichernde Werte runterzudrücken, aber immer wieder tauchte ein Bild vor meinen Augen auf: Ein Herr Gebsn am Taxistand, der mit dem Taxifahrer über drei- bis vierstellige Frankenbeträge für eine Fahrt nach Basel verhandelt. Arglgl, wie die Herren Clever & Smart so träfe in solchen Situationen verlauten lassen! Der Angstschweiss rann mir über die Stirn, die Zeit unerbittlich durch die Finger.
Umso mehr frohlockte das Herz, als unser Kapitän scheppernd um zehn vor elf über die Lautsprecher verkündete, dass wir schon in einer Viertelstunde auf Zürcher Boden aufsetzten würden. Heissa! Und tatsächlich setzten wir zum angekündigten Zeitpunkt auf. Doch die Freude verging rasch, als ich mit dem Gepäck in der Hand dicht gedrängt mit meinen Mitpassagieren im Flugzeuggang stand und sehlnlichst und ungeduldig darauf wartete, dass ich endlich aus einer der hintersten Sitzreihen übers Fingerdock den Flughafen betreten durfte. Denn wegen eines technischen Defektes war das Fingerdock - leider, leider, wie's aus den Lautsprechern betont wurde - nicht benützbar, weshalb wir wie in guten alten Flugzeiten über die Treppe in einen bereit stehenden Bus steigen "durften".
Wer behauptet, in der Schweiz würde sich sowieso kein Schwein an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten, sah sich hier eines Besseren belehrt. Unser Buschauffeur fuhr gemächlichst rund um das Neonlicht-beleuchtete Flughafengelände und schien von Polizei-Schützenpanzer über Gepäckwägelchen bis zum unterirdischen Kreiselverkehr keine Sehenswürdigkeit des Flughafens auslassen zu wollen.
Endlich im Flughafengebäude! Ein Blick auf die Uhr verhiess Gutes, die Zeit sollte dicke reichen. Und so schritt ich zwar zügig, aber wohlgemut Richtung Ausgang, als ein Zollbeamte auf mich zutrat und mich mit einem "Entschuldigung" abfing. Oje, Zollkontrolle, alles vorbei!, schrie es in meinem Oberstübchen, während mein Körper Adrenalin satt ausschüttete. "Ist das schon der London-Flug?", wollte der Zollbeamte jedoch nur wissen. Und so schaffte ich es allen Widrigkeiten zum Trotz noch auf die letzte Zugverbindung und musste lediglich das Taxi vom Basler Bahnhof an die Heimadresse löhnen. Dem alten Herrn ein Schnippchen geschlagen, das Weltenschicksal gebodigt und in der Schaltzentralen der Macht bittere Enttäuschung ausgelöst: Ende gut, alles gut.
P.S. Wie es nach knappen zwei Stunden Schlaf später auf der WM-Exkursion nach Dortmund weiterging, kann man in meinen Blogstetten-Beitrag erfahren.
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In den Gehörgängen: El-P - Delorean
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Zuletzt geglotzt: WM: Schweden-England
Aktuelles Lieblingswort: Brösel (auf der Schalmei)
gebsn - Mittwoch, 21. Juni 2006, 19:23
Danke für die Blumen!