Hilfe, es heiratet sehr

Die Cotswolds sind entgegen dem Klang, den diese Gegend für deutschgewohnte Ohren haben mag, ein herrgöttliches Fleckchen Erde. Grüne hüglige Landschaften, soweit das Auge reicht, übersäht mit putzigen Hecken, Schafen hier und da, und alle paar Meilen finden sich kleine Dörfer mit wunzigen herzigen Häuschen aus Kalkstein ("Cotswold stone"). Kurz: Englische Landschaft at its best. Und wenn sich dann ganz ausnahmsweise mal die Sonne durch die Wolken drängt, vermeint man die himmlischen Chöre zu vernehmen.

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Cotswolds (im Hintergrund), Hochzeitsgesellschaft

In dieser holden Gegend gab es letzte Woche die weissnichtwievielte Hochzeit in England zu celebrieren. Und mit dem Hochzeitstag ist es ja hierzulande keineswegs getan. Weit gefehlt! So gesellten sich zu den Hochzeiten, die meine Herzensdame und ich in den letzten paar Wochen besuchen durften, die vor- und nachhochzeitlichen Gebräuche zu einem satten Programm. Neben der Verlobungsparty, der Junggesellenparty (siehe dazu mein letzter Bericht), der Hen Night für die Damen und der Hochzeit selbst zählt oft auch das Frühstück am Tage danach dazu.

Die Hochzeiten in England unterscheiden sich in vielen Punkten von denjenigen in der Schweiz. So gilt eine Hochzeit mit weniger als 100 speisenden Gästen eher als klein, die Herren erscheinen durchs Band im "Vollwichs" inkl. Krawatte und nach dem Mahl schwingt Jung bis Alt noch heftigst das Tanzbein.

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Zeigt her eure Schuh (in casu: die meiner Herzensdame)

Ein Höhepunkt sind jeweils die traditionellen Reden, die nach dem Hochzeitsmahl gehalten werden. Zuerst erhält der Vater der Braut das Wort, heisst seinen neuen Schwiegersohn in der Familie willkommen und überbringt dem Paar Glückwünsche sowie mehr oder weniger ernst gemeinte Ratschläge. Danach bedankt sich der Bräutigam bei allen Anwesenden - besonders bei unterstützenden Personen (Blumensträusse und Geschenke werden verteilt) - und überhäuft seine Braut mit lobenden wie liebenden Worten.

Anschliessend folgt das Filetstück: die Rede des Trauzeugen ("best man"). Er schöpft aus dem reichen Fundus an lustigen bis peinlichen Momenten aus dem Leben des Bräutigams und unterhält - meist in besserer Qualität als so manches was im deutschsprachigen Raum unter dem Betreff Comedy über den TV flimmert - die Hochzeitsgemeinde.

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Jetzt noch in voller Pracht, doch schon bald von gierigen Magensäften zersetzt

Auch diese Hochzeit enttäuschte nicht nur in diesem Punkt nicht. Sogar Petrus hatte ausnahmsweise ein Einsehen. Wie bestellt verzogen sich die dunklen Wolken und tauchten die schmucke renovierte Scheune ("converted barn"), in welcher die Hochzeit gefeiert wurde, in Sonnenlicht. So konnte nach der Zeremonie im Garten geplaudert und gezecht werden, bevor in der nun in einen Speisesaal transformierten Scheune festlich diniert und anschliessend das Tanzbein geschwungen wurde. Im Gegensatz zur Schweiz gibt es hier wenig Hemmungen: Kleinkinder wie Grosseltern hopsen fröhlich zu ohrenbetäubend lauter Musik herum. Eine nicht ganz unerhebliche Rolle mag hier der Alkohol spielen. Jedenfalls gab es auch an dieser Veranstaltung zwei bis drei semikomatöse Schnapsleichen zu vermelden, die sich nur mit Ach und Krach gegen die lästige Schwerkraft wehren konnten.

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Der Tanzboden ächzt, die Hochzeitsgesellschaft kennt kein Pardong

Mühe mit dem aufrechten Gang hatte auch meiner einer in unserem herzigen Hotelchen nicht fern von der Scheune. Allerdings nicht so sehr der konsumierten Alkoholika wegen, sondern aufgrund des Fussbodens, welcher eine gefühlte 20 Prozent-Neigung aufwies und wegen der Dachbalken, die auf knapper Kopfhöhe montiert waren. Schräg gebückt hatte ich mich deswegen durch unser Zimmer zu bewegen. Beim halbwachen Gang auf die Toilette mitten in der Nacht mochte ich mich dieser Regel nicht mehr recht besinnen. Mit einem lauten Krachen wuchtete ich meine Birne in einen Dachbalken. Der Aufprall war dermassen heftig, dass ich nicht nur memmig stöhnend herumtaumelte, sondern noch bis heute leichte Nachwirkungen in meinem Kiefer spüre - von der famosen Beulengebirgskette ganz zu schweigen.

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Der Schuft (Mitte oben)

Aus dem dortigen Badezimmer darf ich übrigens auch einen feinen Forschungserfolg aus dem Bereich der Nanotechnologie vermelden. Haben es doch Wissenschaftler offensichtlich geschafft, hauchfeine Papierschichten aus zwei Atomlagen für den Alltagsgegenstand Toilettenpapier zu benützen.

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Jürg (Gast) - 8. Sep, 07:59

alleine schonn der titel dieser story! huahuahua

Jürg (Gast) - 8. Sep, 08:00

ähem, "schon" natürlich...
gebsn - 8. Sep, 09:22

Eine kleine Anspielung ...

... natürlich an den Knaller "Hilfe, es weihnachtet sehr".

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