[Humor] WK-Bericht Teil III: Eat ice cream and give up guns!
[Erste Veröffentlichung unter myblog.de/gebsn am 18. Juni 2005]
Kaum eingerückt am Montagmorgen (sic!) fassten wir Fahrer schon den ersten Auftrag. Was sind denn das bitte für Zustände? Genau: haltlose! Item, der Auftrag: Sicherstellen eines Shutlle-Services vom Bahnhof Stans zu unserer Unterkunft, der "Swissint"-Kaserne in Stans/Oberdorf. Die Kaserne ist nämlich, was wir am Freitag der vorhergehenden Woche am eigenen Leib schmerzhaft erfahren mussten, gute 20 Fussmarschminuten vom Bahnhof entfernt.
A Pissoir with a view. Nämlich auf das Zeughaus (links), Restaurant Eintracht (hinten Mitte) und das Wachkabäuschen (rechts).
Nun gut, wenig später standen wir mit zwei "Duros" und einem "Puch" am Bahnhof und hielten Maulaffen feil. Noch waren keine Militärsportkursteilnehmer eingetroffen, es wurde geraucht und Wochenendgeschichten wurden ausgetauscht. Doch dann mit dem Zug von Luzern kam eine Horde von etwa 20 Militärsportkursteilnehmern an und störte unsere friedliche Runde, einer gar ausgerüstet mit seinem privaten Rennrad. Sportlich, sportlich. Wir Fahrer lotsten unsere Sportler zu den Fahrzeugen und quetschten die ganze Bande mit Rad in einen einzigen "Duro". Schliesslich konnten wir restlichen Fahrer doch nicht auf unsere bald fällige Kaffeepause verzichten!
Zurück in der Unterkunft war die einzige weibliche Teilnehmerin des dieswöchigen Militärsportleiterkurses unbestrittenes Thema Nr. 1. Was wurde da über Äusserlich- ("Mannsweib?") und Innerlichkeiten ("wahnsinnig?") spekuliert! Unser "Fäldi" (Feldweibel) wurde deutlich: "Die rührt mir keiner an, sonst haben wir hier Riesenprobleme!". "Bürolist" F. sprach jedoch bereits nur noch von Miriam und jedermann wollte unbedingt einen Blick auf das fremde Geschöpf erhaschen.
Schnell vergessen war dann aber Miriam, als wir die Tageskommandierungen am schwarzen Brett erblickten mussten. Was, Küchendienst für vier Mann aus unserem Dienstzug!? Bis jetzt hatten es doch auch immer zwei Mann getan. Grosse Empörung machte sich breit. Schliesslich war die Unterkunft selbst untragbar genug: Wir waren im 3. Stock einquartiert, natürlich ohne Lift. Und das als Fahrer, die wir schon für 50 Meter Weg die Fahrzeugschlüssel zückten. Eingeschnappt und verärgert zogen wir uns für ein Nickerchen bis zum Mittagessen in unseren Schlag zurück.
Merke: was sich bewegt = Militärsportkursteilnehmer, was faul herumsteht = unsereins. Weiteres Unterscheidungskriterium: das Tenü.
Nach dem Mittagessen wurden die umliegenden Restaurants "rekognosziert". In der "Eintracht" wurde schliesslich eingekehrt. Was soll's denn sein? "Kein Kaffee, sonst kann ich nachher nicht schlafen", entschied sich R., weise und vorausblickend.
In der wenig später folgenden Lagebesprechung mit unserem "Kadi" (Kommandant), wies dieser uns auf die Kasernenrichtlinie hin, dass bezüglich des Ausgangs bis 24.00 jedermann zurück in der Kaserne sein müsse. Nicht möglich! R. hakte nach, ob diese Bestimmung denn wirklich auch für uns gelte. Darauf wurde er vom "Kadi" beauftragt, bei der Wache ausfindig zu machen, wie die Richtlinie in der Praxis gehandhabt werde. Die Kerls von der Wache waren zwar von einer anderen Truppe, aber nur unwesentlich (wenn überhaupt) motivierter als wir. Ihre Auskunft: Hauptsache beim "AV" (Antrittsverlesen) am Morgen zurück. Das hörten wir natürlich gerne. Aber der "Kadi" - sonst die Ruhe selbst - geriet leicht ausser Fassung, als er nach dem Abendessen von R. die Kunde vernahm. Sofort stürmte er mit zornesrotem "Grind" zielstrebig Richtung Wachkabäuschen. Ei, die arme Wachtruppe. Für die gab es einen "ZS" ("Zusammenschiss", auf nicht schweizerdeutsch vielleicht mit "Anschiss" zu übersetzen), der sich gewaschen hatte. Die betretenen Gesichter konnte man bis zum Gebäudeeingang sehen, wo wir wie üblich herumlungerten. Während also unser "Kadi" verbal auf die Wachleute eindrosch, machte sich R. nützlich und holte schon mal unsere kühl gelagerten Biervorräte aus der Küche. Fröhlich trat er schwer beladen mit einem Karton Bier und einem noch darauf gestapelten Sixpack aus der Tür - gerade in dem Moment, als unser "Kadi" zurückkehrte. Dieser traute seinen Augen nicht, als er R. mit unseren Bierchen erblickte. Mit bleich entsetztem Antlitz befahl er uns, sofort mit dem Bier aufs Zimmer zu verschwinden, bevor uns noch jemand sehen konnte.
Die Versorgung der Truppe mit Tranksame und musikalischer Unterhaltung ist jederzeit gewährleistet.
Denn in der "Swissint"-Kaserne werden Militärs für Auslandseinsätze ausgebildet. Ergo schwirrten hier ständig nicht nur lauter "hohe Tiere" herum, sondern auch noch ausländische Militarios. Entsprechend sollte unser Auftreten sein, das hatte man uns schon früh am Montagmorgen eingetrichtert. Deshalb war die Reaktion vom "Kadi" irgendwie noch verständlich. Schliesslich sollte ja nicht der Eindruck entstehen, dass unsereins schon am ersten Abend kurz nach dem Nachtessen im Zimmer den mächtigen Ghettoblaster anwerfen und zu Klassikern aus den 80er-Jahren ein Bierchen nach dem anderen zischen, später in die nahe gelegenen Gaststätten einkehren und anschliessend auch noch andere Genussmittel konsumieren würden. Obwohl wir ja genau das taten. Besonders frohgelaunt, um nicht zu sagen angetrunken, kehrte R. nach der Geisterstunde in den Schlag zurück, unterhielt die ganze Entourage mit köstlichen Monologen und kleinen Spässchen, zwang das ganze Zimmer, seine Lieblingsradioverarsche anzuhören und stopfte dabei Snacks in sich rein. Was haben wir gelacht!
Am nächsten Morgen die Hiobsbotschaft: Ich war für die Küche eingeteilt. Da unsere Kompanie nicht nur unsere hungrigen Münder füttern musste, sondern auch noch die der ganzen Kaserne, gab's zu tun, das gibt's gar nicht. Millionen von Teller wanderten durch meine Hände. Ich übertreibe keinesfalls!
09.30. Ich werfe einen Blick in unser Zimmer. Da ist doch tatsächlich die ganze Bande schon eifrig wieder am Schnarchen. Gut, ich schliesse mich ihnen an.
Das übliche Bild in unserem Schlag ... Tag und Nacht.
Die Mahlzeiten diese Woche wussten leider nicht zu überzeugen. Grund: die Kaserne hat einen eigenen "Küsche" (Küchenchef), so dass unser "Küsche" uns nicht mehr mit seinen Delikatessen verwöhnen konnte. So war auch das dienstägliche Mittagsmahl wenig deliziös. D. hatte entsprechenden Restkohldampf und benötigte dringend einen "Dürüm". Also kleiner Ausflug in eine entsprechende Lokalität. Zurückgekommen reichte es gerade noch, um mich der "Kino"-Fraktion anzuschliessen, die sich im Theoriesaal den dritten Teil von "Lord of the Rings" zu Gemüte führte. Der Abend wurde mit den obligaten Bierchen abgerundet, schliesslich war aufgrund der ubiquitären wie permanenten Schnarcherei unbedingt die nötige Bettschwere zu erreichen.
Am Mittwoch war ich frei von jeglichen Kommandierungen, sprich: ich hatte nichts, aber auch gar nichts zu tun. Gute Gelegenheit, sich nach dem Morgenessen in aller Gemütlichkeit zu rasieren und zu duschen. Dabei kam ich doch tatsächlich zu spät zur allmorgendlichen Kaffeerunde im nahe gelegen "Eintracht"! Anschliessend fuhr D. seinen Privatwagen zum AMP (Armeemotorfahrzeugpark) Othmarsingen und ich begleitete ihn mit "meinem" Seat, um ihn anschliessend rückzuführen. Die Idee: nach dem am Freitag stattfindenden Abgeben der Fahrzeuge im AMP Othmarsingen könnten wir directement mit seinem Privatwagen nach Hause abdampfen und müssten nicht erst wieder nach Stans zurückkehren. Nach den unerfreulichen Gaumenerfahrungen der letzten Tage legten wir die Fahrzeugüberführung geschickt so, dass wir das Essen auswärts einnehmen konnten. Und zwar in der Fernfahrergaststätte "Horner" nahe Othmarsingen, wo es ein riesiges, ach was: gigantisches SchniPoSa (Schnitzel mit Pommes und Salat) gab, so was hat man noch nicht gesehen.
Pünktlich auf den einzigen Termin dieses Tages, das Rückschieben des gefassten "Korps-Materials", waren wir mit dem Seat Ibiza zurück, ja es reichte sogar noch für ein kurzes Verdauungsnickerchen. Um auch mal ein bisschen was von der Gegend zu sehen, beschlossen wir, am Nachmittag einen Ausflug zu unternehmen. Ein lauschiges Plätzchen am See sollte gefunden werden, wo wir uns einen anständigen "Coupe" (Eisbecher) zu genehmigen gedachten. Gesagt, getan. Der ein paar Tische entfernte freundliche Herr aus dem fernen Amerika traute seinen Augen nicht, als wir fröhlich mitten im Nachmittag unsere Coupes leer löffelten und mit den Coupe-Verzierungen herumalberten. "Eat ice cream and give up guns", rief er uns zum Abschied zu. Schon geschehen, werter Herr. Aber erzählen Sie's doch auch mal bei sich zuhause, gell!
"Wir müssen leider draussen schnarchen". R. inspiziert den verstossenen Gangschläfer.
Die Geduld unseres "Fäldis" mit den notorischen Langpenn-Nasen F. und M., die regelmässig zu spät (wenn überhaupt) zum Morgenessen erschienen, hatte Donnerstagmorgen ein brüskes Ende. Als alter Grenadierfeldweibel wusste er, wie man solche Leute aus den Federn kriegt: Mit Schwung hob er das eine Bettgestellende hoch, schüttelte das Bett samt Inhalt kurz und kräftig durch und liess es dann krachend zu Boden fallen. Verstörte Visagen bei F. und M., schadenfrohes Kichern bei unsereins, die wir schlaftrunken mit halboffenen Äuglein dem Spektakel beiwohnten.
Schon wieder Küchendienst! Diese Woche hatte's mich echt bös erwischt. Nach erledigter Küchenarbeit am Morgen polierten wir Fahrer unsere Fahrzeuge auf Hochglanz. Verblüffenderweise erwies sich ausgerechnet der sonst nicht gerade von der Arbeitswut getriebene R. als Putzteufel und Schamponierstreber. Ein Idol im freien Fall!
R. putzt nicht nur, er schamponiert! Müssen wir uns ernsthaft Sorgen machen?
Nachmittags lief im "Kino" ein Allerweltsfilm, also widmete ich mich meiner mitgebrachten Lektüre und ruhte mich aus. Denn abends stand der "FAK"-Ausgang an. Wir hatten uns für chinesisches Essen im Restaurant"Cubasia" entschlossen und bereuten nicht. Lukullische Höhenflüge in übermenschlichen Quantitäten wurden gereicht und verzehrt. Rechtzeitig und nur gemässigt alkoholisiert kehrten wir in die Unterkunft zurück, denn am nächsten Morgen sollte es möglichst bald Richtung AMP Othmarsingen gehen. Denn das Freitagsziel war klar: möglichst schnell zuhause zu sein, d.h. mindestens die in der Vorwoche aufgestellte Zeit zu unterbieten.
Am Freitagmorgen konnten wir Fahrer wie geplant frühzeitig Richtung Othmarsingen abfahren, nachdem wir uns etwas wehmütig von unseren restlichen nichtmotorisierten Kameraden verabschiedet und unseren Sold eingestrichen hatten. Kaum auf der Autobahn, Zwischenfall! R. kriegte bei seinem "Duro" den 4. (und damit höchsten) Gang nicht rein. Doch gemach: er hatte beim Cockpit-Polieren lediglich versehentlich den Geländegang eingeschaltet. Das hat er nun von seiner streberhaften Putzerei!
Im AMP Othmarsingen verlief dann das Abgeben der Fahrzeuge so schnell wie noch nie, ja geradezu wie am Schnürchen. Seit die Angestellten der AMP Angst um ihre Arbeitsplätze haben, weht ein ganz anderer Wind. Wenn ich mich da an meine ersten WKs erinnere! Da wurde noch mit den Fingern an den entlegensten Stellen (sehr beliebt die Radkasteninnenränder) nach Mikrospuren von Dreck geforscht und die Fahrerschaft oft und gerne zum Nachputzen verdonnert. Die Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Und so konnten wir schon um 10.30 aus dem AMP herausspazieren. Und nach einem gemütlichen Mittagessen im bereits obgenannten Restaurant "Horner", verabschiedeten wir uns und fuhren nach Hause, um den Rest des prächtigen Tages zu geniessen.
Ende gut, alles gut? Nun nicht gerade, denn der Einstieg ins Arbeitsleben nach solchem Müssiggang ist nur schwer zu verkraften. Das klagten mehrere Kameraden die Woche darauf. R. war auch am Donnerstag danach noch völlig verzweifelt über seinen schrecklich harten Job und konnte sich nicht vorstellen, wie es weitergehen solle ohne regelmässige Pausen und Nickerchen. Im bliebe wohl nur noch übrig, Zeitsoldat zu werden, meinte er. Na, na, wer wird denn gleich!
Alle WK-Berichte:
WK-Bericht Teil I: Sonnencreme ist Sackbefehl
WK-Bericht Teil II: Der Feind kommt aus der Luft
WK-Bericht Teil III: Eat ice cream and give up guns!
Kaum eingerückt am Montagmorgen (sic!) fassten wir Fahrer schon den ersten Auftrag. Was sind denn das bitte für Zustände? Genau: haltlose! Item, der Auftrag: Sicherstellen eines Shutlle-Services vom Bahnhof Stans zu unserer Unterkunft, der "Swissint"-Kaserne in Stans/Oberdorf. Die Kaserne ist nämlich, was wir am Freitag der vorhergehenden Woche am eigenen Leib schmerzhaft erfahren mussten, gute 20 Fussmarschminuten vom Bahnhof entfernt.
A Pissoir with a view. Nämlich auf das Zeughaus (links), Restaurant Eintracht (hinten Mitte) und das Wachkabäuschen (rechts).
Nun gut, wenig später standen wir mit zwei "Duros" und einem "Puch" am Bahnhof und hielten Maulaffen feil. Noch waren keine Militärsportkursteilnehmer eingetroffen, es wurde geraucht und Wochenendgeschichten wurden ausgetauscht. Doch dann mit dem Zug von Luzern kam eine Horde von etwa 20 Militärsportkursteilnehmern an und störte unsere friedliche Runde, einer gar ausgerüstet mit seinem privaten Rennrad. Sportlich, sportlich. Wir Fahrer lotsten unsere Sportler zu den Fahrzeugen und quetschten die ganze Bande mit Rad in einen einzigen "Duro". Schliesslich konnten wir restlichen Fahrer doch nicht auf unsere bald fällige Kaffeepause verzichten!
Zurück in der Unterkunft war die einzige weibliche Teilnehmerin des dieswöchigen Militärsportleiterkurses unbestrittenes Thema Nr. 1. Was wurde da über Äusserlich- ("Mannsweib?") und Innerlichkeiten ("wahnsinnig?") spekuliert! Unser "Fäldi" (Feldweibel) wurde deutlich: "Die rührt mir keiner an, sonst haben wir hier Riesenprobleme!". "Bürolist" F. sprach jedoch bereits nur noch von Miriam und jedermann wollte unbedingt einen Blick auf das fremde Geschöpf erhaschen.
Schnell vergessen war dann aber Miriam, als wir die Tageskommandierungen am schwarzen Brett erblickten mussten. Was, Küchendienst für vier Mann aus unserem Dienstzug!? Bis jetzt hatten es doch auch immer zwei Mann getan. Grosse Empörung machte sich breit. Schliesslich war die Unterkunft selbst untragbar genug: Wir waren im 3. Stock einquartiert, natürlich ohne Lift. Und das als Fahrer, die wir schon für 50 Meter Weg die Fahrzeugschlüssel zückten. Eingeschnappt und verärgert zogen wir uns für ein Nickerchen bis zum Mittagessen in unseren Schlag zurück.
Merke: was sich bewegt = Militärsportkursteilnehmer, was faul herumsteht = unsereins. Weiteres Unterscheidungskriterium: das Tenü.
Nach dem Mittagessen wurden die umliegenden Restaurants "rekognosziert". In der "Eintracht" wurde schliesslich eingekehrt. Was soll's denn sein? "Kein Kaffee, sonst kann ich nachher nicht schlafen", entschied sich R., weise und vorausblickend.
In der wenig später folgenden Lagebesprechung mit unserem "Kadi" (Kommandant), wies dieser uns auf die Kasernenrichtlinie hin, dass bezüglich des Ausgangs bis 24.00 jedermann zurück in der Kaserne sein müsse. Nicht möglich! R. hakte nach, ob diese Bestimmung denn wirklich auch für uns gelte. Darauf wurde er vom "Kadi" beauftragt, bei der Wache ausfindig zu machen, wie die Richtlinie in der Praxis gehandhabt werde. Die Kerls von der Wache waren zwar von einer anderen Truppe, aber nur unwesentlich (wenn überhaupt) motivierter als wir. Ihre Auskunft: Hauptsache beim "AV" (Antrittsverlesen) am Morgen zurück. Das hörten wir natürlich gerne. Aber der "Kadi" - sonst die Ruhe selbst - geriet leicht ausser Fassung, als er nach dem Abendessen von R. die Kunde vernahm. Sofort stürmte er mit zornesrotem "Grind" zielstrebig Richtung Wachkabäuschen. Ei, die arme Wachtruppe. Für die gab es einen "ZS" ("Zusammenschiss", auf nicht schweizerdeutsch vielleicht mit "Anschiss" zu übersetzen), der sich gewaschen hatte. Die betretenen Gesichter konnte man bis zum Gebäudeeingang sehen, wo wir wie üblich herumlungerten. Während also unser "Kadi" verbal auf die Wachleute eindrosch, machte sich R. nützlich und holte schon mal unsere kühl gelagerten Biervorräte aus der Küche. Fröhlich trat er schwer beladen mit einem Karton Bier und einem noch darauf gestapelten Sixpack aus der Tür - gerade in dem Moment, als unser "Kadi" zurückkehrte. Dieser traute seinen Augen nicht, als er R. mit unseren Bierchen erblickte. Mit bleich entsetztem Antlitz befahl er uns, sofort mit dem Bier aufs Zimmer zu verschwinden, bevor uns noch jemand sehen konnte.
Die Versorgung der Truppe mit Tranksame und musikalischer Unterhaltung ist jederzeit gewährleistet.
Denn in der "Swissint"-Kaserne werden Militärs für Auslandseinsätze ausgebildet. Ergo schwirrten hier ständig nicht nur lauter "hohe Tiere" herum, sondern auch noch ausländische Militarios. Entsprechend sollte unser Auftreten sein, das hatte man uns schon früh am Montagmorgen eingetrichtert. Deshalb war die Reaktion vom "Kadi" irgendwie noch verständlich. Schliesslich sollte ja nicht der Eindruck entstehen, dass unsereins schon am ersten Abend kurz nach dem Nachtessen im Zimmer den mächtigen Ghettoblaster anwerfen und zu Klassikern aus den 80er-Jahren ein Bierchen nach dem anderen zischen, später in die nahe gelegenen Gaststätten einkehren und anschliessend auch noch andere Genussmittel konsumieren würden. Obwohl wir ja genau das taten. Besonders frohgelaunt, um nicht zu sagen angetrunken, kehrte R. nach der Geisterstunde in den Schlag zurück, unterhielt die ganze Entourage mit köstlichen Monologen und kleinen Spässchen, zwang das ganze Zimmer, seine Lieblingsradioverarsche anzuhören und stopfte dabei Snacks in sich rein. Was haben wir gelacht!
Am nächsten Morgen die Hiobsbotschaft: Ich war für die Küche eingeteilt. Da unsere Kompanie nicht nur unsere hungrigen Münder füttern musste, sondern auch noch die der ganzen Kaserne, gab's zu tun, das gibt's gar nicht. Millionen von Teller wanderten durch meine Hände. Ich übertreibe keinesfalls!
09.30. Ich werfe einen Blick in unser Zimmer. Da ist doch tatsächlich die ganze Bande schon eifrig wieder am Schnarchen. Gut, ich schliesse mich ihnen an.
Das übliche Bild in unserem Schlag ... Tag und Nacht.
Die Mahlzeiten diese Woche wussten leider nicht zu überzeugen. Grund: die Kaserne hat einen eigenen "Küsche" (Küchenchef), so dass unser "Küsche" uns nicht mehr mit seinen Delikatessen verwöhnen konnte. So war auch das dienstägliche Mittagsmahl wenig deliziös. D. hatte entsprechenden Restkohldampf und benötigte dringend einen "Dürüm". Also kleiner Ausflug in eine entsprechende Lokalität. Zurückgekommen reichte es gerade noch, um mich der "Kino"-Fraktion anzuschliessen, die sich im Theoriesaal den dritten Teil von "Lord of the Rings" zu Gemüte führte. Der Abend wurde mit den obligaten Bierchen abgerundet, schliesslich war aufgrund der ubiquitären wie permanenten Schnarcherei unbedingt die nötige Bettschwere zu erreichen.
Am Mittwoch war ich frei von jeglichen Kommandierungen, sprich: ich hatte nichts, aber auch gar nichts zu tun. Gute Gelegenheit, sich nach dem Morgenessen in aller Gemütlichkeit zu rasieren und zu duschen. Dabei kam ich doch tatsächlich zu spät zur allmorgendlichen Kaffeerunde im nahe gelegen "Eintracht"! Anschliessend fuhr D. seinen Privatwagen zum AMP (Armeemotorfahrzeugpark) Othmarsingen und ich begleitete ihn mit "meinem" Seat, um ihn anschliessend rückzuführen. Die Idee: nach dem am Freitag stattfindenden Abgeben der Fahrzeuge im AMP Othmarsingen könnten wir directement mit seinem Privatwagen nach Hause abdampfen und müssten nicht erst wieder nach Stans zurückkehren. Nach den unerfreulichen Gaumenerfahrungen der letzten Tage legten wir die Fahrzeugüberführung geschickt so, dass wir das Essen auswärts einnehmen konnten. Und zwar in der Fernfahrergaststätte "Horner" nahe Othmarsingen, wo es ein riesiges, ach was: gigantisches SchniPoSa (Schnitzel mit Pommes und Salat) gab, so was hat man noch nicht gesehen.
Pünktlich auf den einzigen Termin dieses Tages, das Rückschieben des gefassten "Korps-Materials", waren wir mit dem Seat Ibiza zurück, ja es reichte sogar noch für ein kurzes Verdauungsnickerchen. Um auch mal ein bisschen was von der Gegend zu sehen, beschlossen wir, am Nachmittag einen Ausflug zu unternehmen. Ein lauschiges Plätzchen am See sollte gefunden werden, wo wir uns einen anständigen "Coupe" (Eisbecher) zu genehmigen gedachten. Gesagt, getan. Der ein paar Tische entfernte freundliche Herr aus dem fernen Amerika traute seinen Augen nicht, als wir fröhlich mitten im Nachmittag unsere Coupes leer löffelten und mit den Coupe-Verzierungen herumalberten. "Eat ice cream and give up guns", rief er uns zum Abschied zu. Schon geschehen, werter Herr. Aber erzählen Sie's doch auch mal bei sich zuhause, gell!
"Wir müssen leider draussen schnarchen". R. inspiziert den verstossenen Gangschläfer.
Die Geduld unseres "Fäldis" mit den notorischen Langpenn-Nasen F. und M., die regelmässig zu spät (wenn überhaupt) zum Morgenessen erschienen, hatte Donnerstagmorgen ein brüskes Ende. Als alter Grenadierfeldweibel wusste er, wie man solche Leute aus den Federn kriegt: Mit Schwung hob er das eine Bettgestellende hoch, schüttelte das Bett samt Inhalt kurz und kräftig durch und liess es dann krachend zu Boden fallen. Verstörte Visagen bei F. und M., schadenfrohes Kichern bei unsereins, die wir schlaftrunken mit halboffenen Äuglein dem Spektakel beiwohnten.
Schon wieder Küchendienst! Diese Woche hatte's mich echt bös erwischt. Nach erledigter Küchenarbeit am Morgen polierten wir Fahrer unsere Fahrzeuge auf Hochglanz. Verblüffenderweise erwies sich ausgerechnet der sonst nicht gerade von der Arbeitswut getriebene R. als Putzteufel und Schamponierstreber. Ein Idol im freien Fall!
R. putzt nicht nur, er schamponiert! Müssen wir uns ernsthaft Sorgen machen?
Nachmittags lief im "Kino" ein Allerweltsfilm, also widmete ich mich meiner mitgebrachten Lektüre und ruhte mich aus. Denn abends stand der "FAK"-Ausgang an. Wir hatten uns für chinesisches Essen im Restaurant"Cubasia" entschlossen und bereuten nicht. Lukullische Höhenflüge in übermenschlichen Quantitäten wurden gereicht und verzehrt. Rechtzeitig und nur gemässigt alkoholisiert kehrten wir in die Unterkunft zurück, denn am nächsten Morgen sollte es möglichst bald Richtung AMP Othmarsingen gehen. Denn das Freitagsziel war klar: möglichst schnell zuhause zu sein, d.h. mindestens die in der Vorwoche aufgestellte Zeit zu unterbieten.
Am Freitagmorgen konnten wir Fahrer wie geplant frühzeitig Richtung Othmarsingen abfahren, nachdem wir uns etwas wehmütig von unseren restlichen nichtmotorisierten Kameraden verabschiedet und unseren Sold eingestrichen hatten. Kaum auf der Autobahn, Zwischenfall! R. kriegte bei seinem "Duro" den 4. (und damit höchsten) Gang nicht rein. Doch gemach: er hatte beim Cockpit-Polieren lediglich versehentlich den Geländegang eingeschaltet. Das hat er nun von seiner streberhaften Putzerei!
Im AMP Othmarsingen verlief dann das Abgeben der Fahrzeuge so schnell wie noch nie, ja geradezu wie am Schnürchen. Seit die Angestellten der AMP Angst um ihre Arbeitsplätze haben, weht ein ganz anderer Wind. Wenn ich mich da an meine ersten WKs erinnere! Da wurde noch mit den Fingern an den entlegensten Stellen (sehr beliebt die Radkasteninnenränder) nach Mikrospuren von Dreck geforscht und die Fahrerschaft oft und gerne zum Nachputzen verdonnert. Die Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Und so konnten wir schon um 10.30 aus dem AMP herausspazieren. Und nach einem gemütlichen Mittagessen im bereits obgenannten Restaurant "Horner", verabschiedeten wir uns und fuhren nach Hause, um den Rest des prächtigen Tages zu geniessen.
Ende gut, alles gut? Nun nicht gerade, denn der Einstieg ins Arbeitsleben nach solchem Müssiggang ist nur schwer zu verkraften. Das klagten mehrere Kameraden die Woche darauf. R. war auch am Donnerstag danach noch völlig verzweifelt über seinen schrecklich harten Job und konnte sich nicht vorstellen, wie es weitergehen solle ohne regelmässige Pausen und Nickerchen. Im bliebe wohl nur noch übrig, Zeitsoldat zu werden, meinte er. Na, na, wer wird denn gleich!
Alle WK-Berichte:
WK-Bericht Teil I: Sonnencreme ist Sackbefehl
WK-Bericht Teil II: Der Feind kommt aus der Luft
WK-Bericht Teil III: Eat ice cream and give up guns!
gebsn - Sonntag, 4. September 2005, 23:09
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