[Datenschutz] EDÖB segnet Rasterfahndung ab

Gemäss BaZ-Bericht unterstützt der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB), Hans-Peter Thür, ähnliche Aktionen wie die in Deutschland durchgeführte Überprüfung von Kreditkartenkonten. Bei der Aktion "Mikado" in Deutschland wurden im Rahmen einer Suche nach Personen, die Kinderpornografie über ein Online-Portal gekauft hatten, 22 Millionen Kreditkartenkonten überprüft worden.

Anscheinend haben dabei nicht die Behörden die Überprüfung durchgeführt, sondern die Kreditkartenfirmen selbst. Da sie dies zwar freiwillig, aber halt doch auf Veranlassung der Behörden, welche den Firmen die entsprechenden Kriterien durchgegeben haben, getan haben, und schliesslich und endlich die Daten auf den Bürotischen der Strafverfolger gelandet sind, ist dies meiner bescheidenen Meinung nach halt eben doch eine Rasterfahndung oder von mir aus eine Rasterfahndung im Auftrag (der deutsche Anwaltverein spricht von einem Outsourcing der Rasterfahndung).

Und unser eidgenössischer Datenschützer findet dies noch unterstützenswert! Zu seiner Verteidigung muss allerdings auch gesagt werden, dass auch Schleswig-Holsteins Datenschützer die Rasterfahndung rechtmässig findet - jedoch mit weit differenzierter Argumentation. Denn der EDÖB zaubert doch tatsächlich das kackvogelige Killerargument aus dem Hut, welches von Datenschutz-Gegner nur zu gern benutzt wird: "Wer nicht Verdacht auf sich gezogen habe, habe nichts zu befürchten" vermeldete er (immer noch gemäss BaZ). Ja, ja, genau, wer nichts zu verbergen hat, muss sich ja auch keine Sorgen um Videoüberwachung, Fichen etc. machen … schwachmatiger Blödsinn!

Angesichts der fröhlichen Unterstützung von Herrn Thür stellen sich für mich folgende, nachgerade quälende Fragen:
  • Ist für eine solche Untersuchung (egal ob "echte" oder ausgelagerte Rasterfahndung) hierzulande nicht eine eindeutige gesetzliche Regelung in den einschlägigen Strafprozessordnungen nötig? Resp. gibt es solche bereits (ich hege Zweifel)?
  • Ist eine solche Rasterfahndung verhältnismässig? (in Deutschland: 332 geständige Beschuldigte auf 22 Millionen durchsuchte Konten).
  • Müsste nicht vielmehr beim Kinderpornografie-Portal nach den Kreditkartendaten gesucht werden?
  • Ist die Unschuldsvermutung bald gar nichts mehr wert?
  • Wird mit solchen Aktionen nicht ein Weg eingeschlagen, welcher später für vielerlei andere Zwecke resp. für die Suche nach weniger gravierenden Delikten gern und immer öfter begangen werden wird?
  • Was heisst das für Supercard-, Cumulus- und ähnliche Kundenkonten?
  • Kommt bald die Polizei vorbei, wenn man innerhalb kurzer Zeit Tiefkühltruhe, Motorsäge und Plastiksäcke einkauft? Wird nun mein Kreditkartenkonto regelmässig nach irgendwelchen terroristisch, kinderpornografisch, mafiös etc. pp. erscheinenden Mustern durchsucht?
Zukunft, mir graut vor dir.

P.S. Auch Konrad Jeker von strafprozess … macht sich Gedanken.

Update vom 11.10.2007:
Udo Vetter vom Lawblog in Deutschland hat gegen die Überprüfung Klage erhoben (heise-Bericht). Die Klage findet sich auf seinem Blog.

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Konrad Jeker (Gast) - 11. Jan, 00:09

Rasterfahndung in der Schweiz

So auf die Schnelle zur ersten Frage: Ohne entsprechenden Befehl der Untersuchungsbehörde dürfen die Kreditkartenunternehmungen keine Auskunft erteilen und werden das ziemlich sicher auch nicht tun. Ein Befehl setzt die Eröffnung eines Verfahrens voraus. Die Verfahrenseröffnung setzt einen Tatverdacht voraus, der sich nicht auf alle Kreditkartenbesitzer beziehen kann (das ist viel zu unbestimmt). Zuständig sind allein die Kantone. Ergo: In der Schweiz wird es eine solche Aktion legal nicht geben.

Die anderen Fragen sind eher rhetorisch und legen den Finger auf den wunden Punkt, den kaum noch jemand zu sehen scheint. Bis gestern zählte ich den EDÖB noch dazu.

gebsn - 11. Jan, 08:52

Besten Dank für die Auskunft

Hoffen wir, dass sich genug vernünftige und dem Recht verpflichtete Personen finden, damit solche Aktionen in der Schweiz unterbleiben.

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